Der Inhaber der Verordnungsgewalt. 35
nur der Inhaber des Armeebefehles normiert sein. Keineswegs ist
durch a 63.1 dem Kaiser ein umfassendes Verordnungsrecht übertragen.
Zusammenfassung.
Das Resultat unserer Untersuchungen über den Inhaber des
Rechtes, militärische Verwaltungsverordnungen zu erlassen, wäre dem-
nach folgendes: Inhaber des Armeeverordnungsrechtes sind zum Teil
die Landesherrn, zum Teil der Kaiser; dem Bundesrate steht nur
ausnahmsweise bezüglich der Ausführung der Reichsmilitärgesetze ein
Verordnungsrecht zu; und zwar nur dann, wenn dasselbe nicht dem
Kaiser übertragen ist; aber auch dann nur unter Mitwirkung der
Einzelstaaten." Inhaber des militärischen Befehlsrechtes ist, abgesehen
von einer einzigen unbedeutenden Ausnahme“, der Kaiser.
Die Verwaltungsverordnungen leiten nun, wie wir schon oben
gesagt 5, die Vollziehung; sie bedeuten höchste Vollziehung. Darum
haben wir mit dem Inhaber der Verwaltungsverordnungsgewalt ganz
allgemein auch den Inhaber der militärischen Vollziehungsgewalt be-
stimmt. Wie das Armeeverordnungsrecht teils dem Reiche, teils den
Einzelstaaten obliegt, so muß auch die Regierungsgewalt zum Teil
dem Reiche, zum Teil den Einzelstaaten zustehen. Wie das militärische
Befehlsrecht allein das Reich bzw. das höchste Reichsorgan, der
Kaiser, besitzt, so muß auch das Reich der ausschließliche Inhaber der
Kommandogewalt sein.
Diese unsere Ansicht, daß auch den Einzelstaaten ein Teil der
Regierungsgewalt zusteht, ist aber nicht unbestritten. Gibt man, wie
wir, den Einzelstaaten einen Teil der Regierungsgewalt, so ist damit
gesagt, daß dem Reiche nicht die Gesamtheit der Militärgewalt zu-
steht; es läßt sich nicht mehr von einer ausschließlichen Militärhoheit
des Reiches, von einem einheitlichen deutschen Reichsheer sprechen.
Die Theorie von einem einheitlichen deutschen Reichsheer glauben aber
einige Vertreter der Staatsrechtwissenschaft nicht fallen lassen zu
dürfen, bestreiten darum die Teilhaberschaft der Einzelstaaten an der
Regierungsgewalt und behaupten eine ausschließliche Verordnungsgewalt
des Reiches, so wie wir oben es dargestellt haben", und im Anschluß
1 So auch u. a. Seydel 355, 356 II. „ Vgl. o. S. 26.
2 Vgl. v. S. 25, 26. 4 S. darüber u. S. 63. 5 S. o. S. 25.
6 S. Näheres darüber u. S. 64 ff., 81 ff. 7 S. o. S. 26, 27.
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