Der Inhaber der Regierungsgewalt. 49
dadurch die Anomalie zu beseitigen gesucht, die er darin fand, daß bei
selbständiger einzelstaatlicher Militärverwaltung kein Landesmilitär-
fiskus, sondern nur ein Reichsmilitärfiskus existieren sollte. Jedoch
seit dem Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1875 (88§ 151, 149) und
seit dem Reichsgesetz über die Rechtsverhältnisse der zum dienstlichen
Gebrauch in der Reichsverwaltung bestimmten Gegenstände vom
25. Mai 1873 hat sich nach und nach die gegenteilige Meinung Gel-
tung verschafft; und jetzt ist allgemein anerkannt, daß die den Einzel-
staaten überwiesenen Summen nicht ins Eigentum derselben übergehen,
daß es, abgesehen von Bayern?, ausschließlich einen Reichsmilitärfiskus
gibt, daß alle zur Militärverwaltung gehörigen Gegenstände dem Reiche
gehören, daß das Geld in den Militärkassen Reichsgeld ist, daß durch
die einzelstaatliche Militärverwaltung unmittelbar und ausschließlich
das Reich verpflichtet und berechtigt wird.
Allerdings ist Laband darin recht zu geben, daß bei dieser Auf-
fassung à 67 überflüssig ist, welcher statuiert, daß Ersparnisse aus der
einzelstaatlichen Militärverwaltung dem Reiche zufallen. Sie gehören
demselben schon an und für sich, da die Einzelstaaten, wenn sie mit
unmittelbarer Wirksamkeit für das Reich die militärische Verwaltung
führen, gar nicht eigene Ersparnisse machen können. a 67 kann dann
nur so erklärt werden, daß die Verfassung auf jeden Fall und in nicht
mißzuverstehender Weise zum Ausdruck bringen sollte, daß den Einzel-
staaten die Möglichkeit genommen wäre, auf Kosten der Schlagfertig-
keit ihrer Kontingente finanzielle Vorteile zu erlangen.
c) Rechnungslegung: Do die Einzelstaaten mit Ausnahme von
Bayern die Kosten der Militärverwaltung nicht tragen, so wird über
die Militärverwaltung auch nicht einzelstaatlichen Organen, sondern
ausschließlich dem Reiche Rechnung gelegt. Die Kriegsministerien
von Preußen, Württemberg und Sachsen ziehen zu diesem Zwecke
die schon von den Divisions= und Korpsintendanturen durchgesehenen
Rechnungen zusammen, unterziehen sie einer Vorprüfung (der sog.
Rechnungskontrolle) und schicken sie dann dem Reichsschatzamt. Dieses
1 S. Näheres u. S. 51. : In Bayern besteht auch ein Landesmilitärfiskus.
5 So: Schulze II, 264; Meyer, V.R. II. 41; Brockhaus 25; Hänel
510; Gümbel 175, 176; Seydel 353; Denkschrift des Fürsten Bismarck im
Archiv III, 150—158; R.G. E. in Zivilsachen XX, S. 148; auch Laband IUV, 341
ordnet sich jetzt dieser Meinung unter.
Mueller, Militärgewalt. 4