Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Der Inhaber der Regierungsgewalt. 53. 
5. Die Rechtspflege im Heer. 
Den besonderen Aufgaben des Heeres Rechnung tragend, räumte 
man schon früher den Militärpersonen eine Sonderstellung gegenüber 
den anderen Staatsangehörigen, insbesondere eine Sondergerichtsbar- 
keit ein. Während diese sich früher sowohl auf Strafsachen wie auch 
auf Zidvilsachen erstreckte, hat das Heer seit Anfang des 19. Jahr- 
hunderts nur noch eine eigene Strafgerichtsbarkeit. Ein besonderes 
Militärstrafrecht, ein besonderes Militärstrafgericht, ein besonderer 
Militärstrafprozeß dienen der Aufrechterhaltung des militärischen Ge- 
horsams, der militärischen Zucht und Disziplin und sollen das Heer 
zu seiner Zweckverwendung besonders geeignet erhalten. Die militärische 
Sonderstrafgerichtsbarkeit ist somit als ein Teil der Militärverwaltung, 
Verwaltung hier im weiteren Sinne gebraucht, anzusehen. Sie wird 
von Heeresangehörigen ausgeübt; die Militärgerichte setzen sich aus 
Militärpersonen zusammen, welche in dieser ihrer Rechtspflegetätigkeit 
durch besondere juristische Berufsorgane, die Auditeure, unterstützt 
werden. 
Wie nun die Verwaltung zum größten Teil in den Händen der 
Einzelstaaten liegt, ebenso die Rechtspflege. Der Landesherr ernennt 
die Kriegs= und Oberkriegsgerichtsräte; im Namen des Landesherrn 
übt der Gerichtsherr seine Funktionen aus; im Namen des Landesherrn 
sprechen die Standes-, Kriegs= und Oberkriegsgerichte Recht; der Landes- 
herr hat das Recht, die militärgerichtlichen Erkenntnisse zu bestätigen 
oder zu verwerfen; er hat auch das Begnadigungsrecht. An der 
Militärgerichtshoheit der Landesherrn kann demnach nicht mehr ge- 
zweifelt werden; den Einzelstaaten steht die Militärjustizverwaltung 
zu; allerdings üben sie gemäß den Konventionen nur die vier Einzel- 
staaten mit selbständiger Kontingentsverwaltung aus. Die gegenteiligen 
Ausführungen des Brockhaus? sind genugsam von Labands ad 
absurdum geführt. — Erst durch Einführung des Reichsmilitärgerichts 
auf Grund der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 
ist auch das Reich für die Revisionsinstanz, also zu einem Teil Sub- 
jekt der Militärgerichtshoheit geworden. 
1 Vgl. Militärstrafgerichtsordnung § 93, 418 ff. 2 Brockhaus 128 ff. 
3 Laband im Archiv f. öf. R. III, 525; auch Gau 40.
	        
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