Der Inhaber der Kommandogewalt. 61
Vergehen bezweckt: § 47 des Militärstrafgesetzbuches. — Diese un-
bedingte Gehorsamspflicht gilt gleicherweise für alle Personen des
Soldatenstandes und erleidet nur bezüglich der Militärbeamten eine
Modifikation.: Auch sie müssen allen Befehlen ihrer militärischen
Vorgesetzten? Gehorsam leisten; aber sie sind berechtigt und verpflichtet,
vor Befolgung der Befehle die Kompetenz des Befehlenden und die
Rechtmäßigkeit von Form und Inhalt der Befehle zu prüfen und
bei Unrechtmäßigkeit derselben Gegenvorstellungen zu erheben. Erst
nach Zurückweisung dieser Vorstellungen müssen sie die Befehle befolgen.
Das militärische Befehlsrecht und somit auch die Kommando-
gewalt bedeutet also ein materiell und formell unbeschränktes und
besonders garantiertes Verfügungsrecht über das Heer. Die Militär-
personen, als die aus dem Befehlsrecht Verpflichteten, stehen in einem
besonders verschärften personenrechtlichen Gewaltverhältnis, das ihre
völlige Unterwerfung unter den Willen der Staatsgewalt zum Inhalt
hat und das in dieser seiner Art nur einem einzigen Staatsorgan,
dem Heere, bei seiner einzig gearteten Tätigkeit, als höchstes und letztes
Machtmittel der Staatsgewalt deren Willen zur Durchsetzung zu
bringen, eigentümlich ist.“
2. Der Inhaber der Kommandogewalt.
A. Inhaber des militärischen Befehlsrechtes ist jeder militärische
Vorgesetzte. Er ist berechtigt, allen ihm im Range untergeordneten
Personen des Soldatenstandes Befehle zu erteilen. Da er aber
1 Vgl. Meyer, V. R. II, 143; Hecker 149.
2 Die Militärbeamten sind, wie wir oben gesehen, sowohl den besonderen
Militärverwaltungsbehörden, wie auch den Militärbefehlshabern untergeordnet. Den
Befehlen ihrer amtlichen Vorgesetzten sind die Militärbeamten aber niemals un-
bedingten Gehorsam schuldig. Deren Befehle sind keine militärischen Befehle, die
unbedingten Gehorsam erfordern, kein Ausfluß der Kommandogewalt, sondern stets
nur der Regierungsgewalt. Für sie gilt im Interesse einer gesetzmäßigen Heeres-
verwaltung das allgemeine Prüfungs= und das Gehorsamsverweigerungsrecht bei
Unrechtmäßigkeit des Befehls.
Das Recht, Gegenvorstellungen zu erheben, wird z. B. praktisch, wenn
ein Befehl des militärischen Vorgesetzten, der sich auf die Heeresverwaltung und
nicht auf die Zwecktätigkeit des Heeres bezieht, gegen Verwaltungsnormen verstößt;
weiter, wenn. eine als Ausfluß der Regierungsgewalt der Gegenzeichnung bedürftige
Verordnung nicht gegengezeichnet, also ungültig ist.
4 Vgl. Hänel 274.