64 Der Inhaber der Militärgewalt.
verträgt weder die mit jedem militärischen Befehlsrecht notwendiger—
weise verbundene Unterordnung unter den kaiserlichen Armeebefehl,
noch die aus solchem Befehlsrecht ebenfalls resultierende Verantwort-
lichkeit für die richtige Ausübung des Befehlsrechtes. Schon Brock-
haus! hat dies klar und treffend ausgeführt. Führt trotzdem in
Wirklichkeit ein Landesherr ein militärisches Kommando, so ist dies
staatsrechtlich als höchst bedenklich anzusehen. Aber nicht nur dies,
auch politisch gibt es zu ernsten Bedenken Anlaß; die Kollision der
aus dem Kommando folgenden Pflichten der Unterordnung und der
Verantwortung mit der verfassungsmäßigen Stellung des Landesherrn
als unverantwortlicher Souverän kann zu höchst unliebsamen Kon-
sequenzen führen.
3. Gegenständliche Abgrenzung der Kommandogewakt von der
Regierungsgewalt.
Die von uns vorgenommene Bestimmung des Gegenstandes der
Kommandogewalts beruht nicht auf einer gesetzlichen Fixierung. Weder
die Verfassung noch Gesetze enthalten etwas darüber. Die Praxis
hat allein ein Gewohnheitsrecht ausgebildet. Aber da dieses Gewohn-
heitsrecht den Gegenstand des Armeebefehls, des höchsten Ausflusses
der Kommandogewalt, wie wir oben gesehen habens, nicht bestimmt,
so kaun es auch nicht den Gegenstand der Kommandogewalt bestimmen
und denselben von dem Gegenstand der Regierungsgewalt abgrenzen.
Auch in der Literatur ist bisher die Frage nach der gegenständlichen
Abgrenzung der Kommandogewalt von der Regierungsgewalt nur
gestreift.“ — Nun kann allerdings der Gegenstand der Kommando-
gewalt nicht im einzelnen gesetzlich fixriert werden, da die der
Kommandogewalt unterliegende Heerestätigkeit sich nach den jeweiligen
Verhältnissen richtet und ganz verschieden ist; wohl aber läßt sich die
Kommandogewalt betreffs ihres Gegenstandes im allgemeinen um-
schreiben und gegenüber der Regierungsgewalt abgrenzen, und zwar
ergibt sich diese Abgrenzung aus dem Wesen der Kommandogewalt.
Wir haben oben gesehen, daß die Kommandogewalt besonders
1 Brockhaus 100—102. S. o. S. 509. 2 S. o. S. 33, 34.
* Vgl. Thudichum 92. Von einigen Schriftstellern wird die Möglichkeit
prinzipieller Abgrenzung von Regierungs= und Kommandogewalt verneint: Zorn I.
302; Laband 1V, 35.