66 Der Inhaber der Militärgewalt.
ausüben; es muß von denselben Befehlen, die es im Ernstfalle zum
Kampfe führen, schon im Frieden geleitet werden. Es ist darum auch
nicht angängig, die Tätigkeit des Heeres im Kriege unter die Kom—
mandogewalt, die Tätigkeit des Heeres im Frieden zu Ausbildungs-
zwecken unter die Regierungsgewalt zu subsumieren. Gegenstand der
Kommandogewalt ist vielmehr ebenso wie die Ausübung des Waffen-
handwerks für Kriegszwecke, so auch die Ausübung des Waffenhand-
werks für Ausbildungszwecke. — Weiter gehört unter die Kommando-
gewalt auch die Tätigkeit des Heeres zu polizeilichen Zwecken; denn
das Heer übt auch, wenn es die Polizeiorgane unterstützt, das Waffen-
handwerk nach gleichen militär-technischen Grundsätzen aus. — Labandt
sieht außerdem auch die Organisierung (nach ihm bedürfen z. B. die
Verordnungen in Personalangelegenheiten nicht der Gegenzeichnung?,
Formierung und Lozierung des Heeres als Gegenstand der Kommando-
gewalt an. Die Organisierungs-, Formierungs= und Lozierungs-
tätigkeit ist aber keine Tätigkeit, durch welche das Heer seine eigen-
tümliche Aufgabe erfüllt; sie unterscheidet sich in nichts von sonstiger
Organisierungstätigkeit des Staates, bedarf also auch nicht einer be-
sonderen Befehlsgewalt und ist darum nicht Gegenstand der Kommando-
gewalt, vielmehr der Regierungsgewalt.
Ob es nun ratsam ist, die Grenze zwischen Kommando= und
Regierungsgewalt in der von uns oben ausgeführten Weise gesetzlich
zu fixieren, ist eine gesetzgebungspolitische Frage, deren Entscheidung
nicht in den Rahmen dieser Arbeit gehört. Bemerkt soll nur werden,
daß durch eine solche Fixierung endgültig festgelegt werden würde,
welche Gebiete durch Armeebefehl und welche durch Armeeverordnung
zu regeln sind; anders ausgedrückt, welche Anordnungen in der Form
der Armeeverordnung, also mit Gegenzeichnung, und welche in der
Form des Armeebefehls, also ohne Gegenzeichnung, zu ergehen haben.
Erginge dann eine als Ausfluß der Regierungsgewalt gegenzeichnungs-
bedürftige Anordnung ohne Gegenzeichnung, also nicht in der Form
der Armeeverordnung, sondern als Armeebefehl, so wäre dieselbe vom
rechtlichen Standpunkte ungültig. Allerdings ist zuzugeben, daß sie
infolge der unbedingten Gehorsamspflicht der Militärpersonen gegen
den Befehl eines militärischen Vorgesetzten faktisch wirksam sein würde;
1 Laband IV, 36. ; Vgl. o. S. 40, Anm.