68 Das Resultat.
man entweder für eine Militärhoheit des Reiches! oder eine solche
der Einzelstaaten.?
Nach der ersten Ansicht sind die militärrechtlichen Befugnisse den
Einzelstaaten nur zur Ausübung vom Reiche übertragen worden.
Die Einzelstaaten leiten danach ihre Rechte vom Reiche ab; sie fun—
gieren nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Reiches als
dessen Repräsentanten und Organes#s, und sind dem Reiche untergeordnet.
Diese Ansicht stützt sich hauptsächlich auf die Tatsache, daß dem Reiche
die Militärgesetzgebung zusteht, weiter auf die Behauptung, daß die
Wehrpflicht dem Reiche geleistet wird, daß dem Reiche die Dienst—
herrlichkeit über das Heer gehört.
Mit Recht wird dagegen von den Vertretern der Gegenmeinung,
die umgekehrt die ausschließliche Militärhoheit den Einzelstaaten zu-
sprechen, angeführt, daß die Gesetzgebungskompetenz des Reiches in
Militärsachen einer Militärhoheit der Einzelstaaten ebensowenig wider-
spreche, wie die Reichsgesetzgebungskompetenz in Justizsachen der Justiz-
hoheit der Einzelstaaten."“ Beharre man aber auf dem entgegengesetzten
Standpunkte, so dürfe man auch keine bayrische Militärhoheit an-
nehmen, da auch das bayrische Kontingent der Reichsgesetzgebung unter-
stehe.5 — Eigentümlicherweise berufen sich nun die Anhänger einer
einzelstaatlichen Militärhoheit ebenfalls auf die Dienstherrlichkeit, da
sie umgekehrt die Dienstgewalt über das Heer nicht dem Reiche, son-
dern den Einzelstaaten zusprechen. Sie sagen, das militärische Dienst-
verhältnis der Truppen wird durch den Kontingentsherrn begründet;
der Kontingentsherr sei darum der Dienstherr; ihm seien sowohl Mann-
schaften wie Offiziere zu Treue und Gehorsam verpflichtet. Der Ge-
horsam gegen den Kaiser sei in der Gehorsamspflicht gegen den Landes-
herrn enthalten, sei ein Bestandteil der Treu= und Dienstverpflichtung
1 So: Thudichum 87 ff.; Meyer, V.R. II, 38; Zorn 1. Aufl., I, 308;
Schulze II, 253; v. Kirchenheim 344; Brockhaus 214; Bornhak 39;
Hänel 531; Arndt 252; Gau 80.
2 So: Seydel in Hirths Ann. 1875, 1396; Seydel, Kom. 310; Laband.
IV, 54, 67; Hecker 374; Gümbel 166; Denkschrift des Fürsten Bismarck
im Archiv f. ö. R. IV, 150; Reichsgerichtsentscheidung in Zivils. XX, 148.
3 Vgl. Meyer, V.R. II. 41; Bornhak 36.
4 Agl. Gümbel 155.
5 Laband im Archiv f. ö. R. III, 497; Laband 1V, 56, Anm. 4.