Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

Die Rechtsnatur der Militärgewalt. 71 
staate zu. Muß man auch zugeben, daß sie zum größten und wich- 
tigsten Teile sich in den Händen des Reiches befindet und nur zum 
kleinen Teile in denen des Einzelstaates, so ist doch die Tatsache, daß 
den Einzelstaaten überhaupt Militärhoheit zukommt, von prinzipieller 
Bedeutung für die Betrachtung der staatsrechtlichen Stellung der 
Einzelstaaten bezüglich des Militärwesens. Aus ihr folgt, daß die 
Einzelstaaten auf militärischem Gebiete dem Reiche nicht nur unter- 
geordnet, sondern auch nebengeordnet sind; daß es zwei selbständig 
nebeneinanderstehende Militärgewalthaber gibt; dem Reiche, beziehent- 
lich dem Kaiser, stehen die Einzelstaaten, beziehentlich die Landesherrn, 
gegenüber. 
Diese Zweiheit der Militärbefehlshaber bedeutet keine logische 
oder juristische Unmöglichkeit, da beide Befehlshaber ihre Befehlsrechte 
nicht auf demselben Gewaltgebiete ausüben. Sie findet in der Teilung 
der Staatsgewalt im Bundesstaate ihre Erklärung. Die beiden Be- 
fehlshaber werden auf scharf abgegrenztem Kompetenzgebiete selbständig 
(reale Teilung der Militärgewalt) und doch in völliger Harmonie zur 
Erfüllung einer einheitlichen Staatsaufgabe (ideale Einheit der Militär- 
gewalt) tätig. Die Harmonie ihres Zusammenwirkens wird durch die 
Verfassung hergestellt und garantiert (a 7, I.3 in Verbindung mit a 19). 
Was die Souveränität der unter zwei Inhaber geteilten Militär= 
gewalt betrifft, so ist, wenn wir unter Souveränität die unbeschränkte 
Unabhängigkeit der Staatsgewalt nach innen und außen verstehen, 
keiner der beiden Teile der Militärgewalt als souverän anzusehen. 
Beziehen wir dagegen, wie Binding, die Souveränität nur auf einen 
einzelnen Staatsgewaltakt und bezeichnen als Souveränität die end- 
gültige, d. h. von keiner Seite anfechtbare und aufhebbare Vornahme 
eines einzelnen Gewaltaktes, so ist sowohl die Militärhoheit des Reiches, 
als auch die der Einzelstaaten souverän zu nennen. 
Anhang: Die militärrechtkiche Stellung der Landesherrn. 
1. Während vor 1866, in der Zeit der Souveränität der Einzel- 
staaten, die Landesherrn die Regierungs= und die Kommandogewalt, 
überhaupt die gesamte Militärgewalt, in ihrer Hand vereinigten und 
die einzigen Träger der Militärhoheit waren, steht ihnen jetzt, wie wir
	        
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