Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

72 Das Resultat. 
oben gesehen, nach der Verfassung nur noch ein Teil der Regierungs- 
gewalt zu; die übrige Militärgewalt, insbesondere die Kommando- 
gewalt, ist ihnen genommen und dem Reiche, beziehentlich dem Kaiser 
übertragen worden. Die notwendige Folge dieser Kompetenzverschiebung 
ist eine Änderung der militärischen Stellung der Landesherrn gewesen. 
Mit der Entziehung der Kommandogewalt haben die Landesherrn 
auch ihre militärische Rangstellung als Oberbefehlshaber ihres Kon- 
tingents verloren, sind überhaupt aus der militärischen Hierarchie 
herausgerückt worden; dafür haben sie als Inhaber eines Teiles der 
Regierungsgewalt eine neue militärische Machtstellung erlangt und 
stehen in dieser ihrer Machtstellung den militärischen Befehlshabern, 
die die militärische Hierarchie bilden, gegenüber. Die Stellung der 
Landesherrn außerhalb der militärischen Hierarchie machte es nun aber 
notwendig, ihr Verhältnis zu den Militärbefehlshabern neu zu regeln; 
insbesondere war es nötig, dem einzelnen Landesherrn, gegenüber 
dem Militärbefehlshaber der in seinem Lande befindlichen Truppen- 
teile, eine besondere militärische Rangstellung einzuräumen. Dies tat 
die Verfassung, indem sie den Landesherrn zum „Chef“ dieser Truppen- 
teile machte. Als Chef ist der Landesherr nicht Kommandeur eines 
Truppenkörpers; er hat kein militärisches Befehlsrecht erhalten und steht 
insofern auch jetzt noch außerhalb der militärischen Hierarchie; er hat 
nur denselben militärischen Rang und genießt dieselben militärischen 
Ehren, wie wenn er wirklich der Kommandeur von Truppen wäre. 
Hierdurch ist sein Rangverhältnis zu den Militärbefehlshabern der in 
seinem Gebiete befindlichen Truppen geregelt worden. Er genießt die- 
selben Ehren, wie der höchste Militärbefehlshaber dieser Truppen; steht 
also neben demselben. Ja, in den Fällen, wo die in seinem Land- 
gebiete befindlichen Truppenkörper kleiner als ein Armeekorps sind, ist 
dem Landesherrn sogar meistens durch die Militärkonventionen Titel 
und Rang eines kommandierenden Generals zugesprochen worden. 
Man hat ihm eine höhere Rangstellung, als ihm auf Grund der 
Größe des betreffenden Truppenkörpers zukommt, eingeräumt und ihn 
nicht neben, sondern über den Kommandeurur dieser Truppen gestellt, 
um ihm, dem Fürsten, nicht eine gegenüber dem kommandierenden 
General untergeordnete Rangstellung einnehmen zu lassen. Als Chef ist 
danach der Landesherr wieder in die militärische Hierarchie eingerückt; 
aber seine Stellung innerhalb derselben ist eine bloße Ehrenstellung.
	        
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