2 Einleitung.
gewalt einheitlich ist, muß auch die Militärgewalt, als ein Teil der
Staatsgewalt, einheitlich sein; sie kann nur einem einzigen Militär-
gewalthaber ganz und ungeteilt zustehen. — Anders in Deutschland.
2. A. Das charakteristische Merkmal des deutschen Staates ist
seit Anfang des 13. Jahrhunderts in einer Zweiheit von Gewalten,
in einem Dualismus von Gewalthabern zu finden; mehreren Einzel-
gewalten (Einzelstaatsgewalten) steht eine Zentralgewalt (Reichsgewalt)
gegenüber, welche mit jeder dieser Einzelgewalten zusammenwirkt und
dadurch die verschiedenen Einzelgewalten zu einem Ganzen zusammen-
faßt. Diese beiden Gewalten, die Einzelgewalt und die Zentralgewalt,
sind allerdings nicht zu jeder Zeit zwei gleichberechtigte, voll aus-
gebildete „Staatsgewalten“ gewesen; wohl aber können sie als zwei, ein-
ander von jeher gegenüberstehende Gewalten von staatsgewaltähnlichem
Charakter angesehen werden, die sich in einem dauernden Konkurrenz-
kampf befinden, deren Wesen und rechtliche Natur darum in fort-
währender Wandelung begriffen ist. Je weiter die eine Gewalt vom
Staatsgewaltcharakter sich entfernt, um so näher rückt die andere
Gewalt demselben; in demselben Maße, in dem die eine, anfangs
alleinbestehende Staatsgewalt sich schwächt (so die Reichsgewalt seit
ihrem Bestehen 843—1806), entwickelt und verstärkt sich die andere
Gewalt (es entsteht eine Lehnsgewalt bis 1232), verdichtet sich zu
einer vollen Staatsgewalt (die Lehnsgewalt wird Territorialgewalt
bis 1648) und überwuchert endlich die erste Staatsgewalt bis zu deren
völligen Vernichtung (Untergang der Reichsgewalt, Souveränität der
Einzelstaatsgewalt 1806). Die Kompetenzmassen dieser beiden Gewalten
verhalten sich also zueinander, wie zwei Kreise, von denen der eine
in demselben Maße sich verkleinert, in welchem der andere sich ver-
größert. Während aber die Entwickelungstendenz von 1232—1806
eine fortgesetzte Erweiterung der Einzelstaatsgewalt zeigt, der eine
Schmälerung und schließliche Aufsaugung der Reichsgewalt korrespondiert
(aus einem zerbröckelnden Einheitsstaat entwickeln sich souveräne Einzel-
staaten), tritt mit dem Jahre 1806 eine Umkehrung der Verhältnisse,
eine Rückwärtsentwickelung ein. Der Reichsgedanke ersteht von neuem;
er wächst stetig und führt schließlich mit der Gründung des Nord-
deutschen Bundes zur Bildung einer neuen Zentralgewalt, die der
Einzelstaatsgewalt gegenübertritt, deren Streben auf fortwährende Macht-
erweiterung bei gleichzeitiger Schmälerung der Einzelstaatsgewalt ge-