74 Das Resultat.
als die Gesamtheit aller dem Landesherrn zustehenden militärischen
Rechte, umfaßt einmal Rechte materieller, dann Rechte formeller Natur,
die sog. Ehrenrechte.
Die materiellen Rechte, die man unter der Bezeichnung Kon-
tingentsherrlichkeit im engeren Sinne zusammenfaßt, sind alle diejenigen
Rechte, die man aus politischen Gründen den Landesherrn belassen
zu müssen glaubte, also die Überbleibsel der alten Militärhoheit der
Landesherrn. Es sind inhaltlich verschiedene Rechte; sie bestehen in
der Mehrzahl aus Ausflüssen der Regierungsgewalt, zum kleinen Teil
aus Ausflüssen der Kommandogewalt.
Auch die formellen Rechte sind inhaltlich verschiedene Rechte.
Es sind diejenigen Rechte, die neu durch die Verfassung begründet worden
sind und die der Notwendigkeit entspringen, den Landesherrn eine
ihrem fürstlichen Range entsprechende Stellung gegenüber den Militär-
befehlshabern einzuräumen. Sie beziehen sich auf alle im Staats-
gebiete des Landesherrn befindlichen Truppen, ganz gleichgültig, ob
sie seinem eigenen oder einem fremden Kontingent angehören.
Die landesherrlichen Rechte sind also verschiedenartigster Natur;
sie stellen keinen Kompleg inhaltlich zusammengehöriger Rechte dar,
sondern sind alle nur Teilrechte verschiedenen Inhaltes. Darum ist
es vergebliche Liebesmühe, diese Rechte nach ihrem Inhalte unter einen
einheitlichen staatsrechtlichen Begriff subsumieren zu wollen.n
II. Die Rechtsnatur der Wehrpfticht. Der Fahneneid.
Wir haben hier die Frage zu entscheiden, ob die Wehrpflicht eine
Reichs= oder Staatenbürgerpflicht ist. Dazu müssen wir untersuchen,
wem die Wehrpflicht geleistet wird, dem Reiche oder dem Einzelstaate?
Anders ausgedrückt, wer der Inhaber der Dienstgewalt ist? Die
Dienstgewalt oder Dienstherrlichkeit ist der Teil der Militärgewalt,
dessen Grundlage die jedem Deutschen durch Gesetz auferlegte Wehr-
pflicht bildet.
Bisher hat man nun die Dienstgewalt entweder dem Reiche oder
dem Einzelstaate zugesprochen. So nehmen alle Anhänger einer einzel-
staatlichen Militärhoheit an, daß die Wehrpflicht dem Einzelstaate ge-
1 So: Schulze 266; Gau 87, 88.