Full text: Die Teilung der Militärgewalt im Deutschen Bundesstaat.

80 Das Resultat. 
In diesem Gehorsamsgelöbnis ist aber zugleich das Gehorsamsgelöbnis 
gegen den fremden Kontingentsherrn enthalten, da dieser an Stelle 
des eigenen Landesherrn die Militärgewalt ausübt. 
Der Ansicht, daß der Soldat die Dienstpflicht zu einem Teil 
dem Landesherrn leistet, widerspricht auch nicht die Tatsache, daß be- 
stimmte hohe Offiziere und Festungskommandanten den Fahneneid dem 
Kaiser leisten. Sie geloben in demselben, „ihr Amt nur in Überein- 
stimmung mit den Befehlen des Bundesfeldherrn (Kaiser) zu handhaben 
und zu verwalten.“1 Da der Kaiser aber nicht auf den Verwaltungs- 
gebieten, die dem Landesherrn unterstehen, zu befehlen berechtigt ist, 
sind sie insoweit auch nicht den Befehlen des Kaisers, sondern ihres 
Landesherrn Gehorsam schuldig. Das im ersten Fahneneid geleistete 
Gehorsamsgelöbnis dieser Offiziere gegen den Landesherrn bleibt dem- 
nach in Geltung. Der zweite, dem Kaiser geleistete Eid enthält nur 
eine ausdrückliche Betonung und Bekräftigung des schon im ersten 
Fahneneid enthaltenen Gehorsamsgelöbnisses gegen den Kaiser. 
Das Resultat unserer Untersuchungen über die Rechtsnatur der 
Wehrpflicht wäre demnach folgendes: Die Wehrpflicht umfaßt die 
Militärpflicht und die Dienstpflicht. Die Militärpflicht ist eine Pflicht 
teils gegen den Einzelstaat, teils gegen das Reich; und ebenso die 
Dienstpflicht. Die Wehrpflicht wird demnach zum Teil dem Reiche, 
zum Teil dem Einzelstaate geleistet. Sie ist weder eine Reichs-, noch 
eine Staatenuntertanenpflicht, sondern beides. 
III. Die Rechtsnatur des deutschen Peeres. 
Mit der rechtlichen Charakterisierung der Militärgewalt ist auch 
die Rechtsnatur des deutschen Herres bestimmt. Da dem Reiche keine 
ausschließliche Militärhoheit zukommt, ist auch das deutsche Heer kein 
reines Reichsinstitut, kein einheitliches Reichsheer?; wenigstens nicht 
im Rechtssinne. In politischer oder militärischer Hinsicht könnte man 
es vielleicht als ein Reichsheer bezeichnen; aber im Rechtssinne wäre 
es nur dann ein Reichsheer, wenn dem Reiche die Gesamtheit der 
1 Vgl. Sächs. Militärkonvention a 7. 
2 Ein Reichsheer nehmen alle diejenigen an, welche dem Reiche die Militr- 
hoheit zusprechen; vgl. o. S. 68, Anm. 1.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.