Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

92 Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 
  
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Übernahme der Leitung in Presseangelegenheiten durch den Reichskanzler 
beim Chef der Reichskanzlei. Dieser teilte mit, daß sowohl der Antrag auf 
Schaffung einer Zentralstelle wie der auf Errichtung eines ständigen 
Presseausschusses vom Reichskanzler abgelehnt werden müsse. Er wolle 
mit Presseleitung nichts zu tun haben. In der Reichskanzlei müßte eine 
solche Stelle erst geschaffen werden, sie müsse durch eine Persönlichkeit 
höheren Ranges, etwa durch einen Unterstaatssekretär, wahrgenommen 
werden, der große Erfahrungen auf dem Gebiete der Presse besitze. Eine 
solche sei nicht vorhanden. Für diese Aufgaben sei der Pressechef des Aus- 
wärtigen Amts da, der gleichzeitig Pressechef beim Reichskanzler sei. Wenn 
er erst mit seiner Organisation fertig sei, werde er auch sonst mehr her- 
vortreten können. 
Am selben Tage lehnten die Vertreter des Kriegsministeriums die 
Übernahme der Oberzensurstelle ab mit der Begründung, der Kriegs- 
minister wolle nicht gezwungen werden, vor dem Parlament Rede und 
Antwort über einzelne Anordnungen der Zensur zu tragen. Eine weit- 
gehende Unterrichtung über die Vorgänge auf dem Gebiete der Zensur 
wurde willkommen geheißen, eine Mitarbeit in Aussicht gestellt. 
Die ablehnende Antwort des Reichskanzlers auf die Vorschläge der 
O. H. L. ging am 1. Mai 1917 ein. Der Pressedienst der O. H. L. stand 
weiter den Aufgaben allein gegenüber, die er den zuständigen Stellen hatte 
übermitteln wollen. Dabei hatte er mit der Person des Majors Deutel- 
moser im wesentlichen die Berichterstattung über die innerpolitischen Vor- 
gänge verloren, die sich nicht zu der früheren Höhe wieder emporarbeiten 
konnte. Den Nachfolgern des Majors Deutelmoser fehlte es an Vorbildung 
und Beziehungen, sich in diese Aufgabe einzuarbeiten, die unentbehrlich 
war, wenn der Pressedienst der O. H. L. weiter die Gesamtinteressen der 
Kriegführung vertreten sollte. Zudem hatte die Zeit enttäuschter Hoffnung 
und des Abwartens das eigene Handeln der O. H. L. in wichtiger Zeit 
gelähmt und die Zerfahrenheit vermehrt. 
Als Nachfolger des Majors Deutelmoser war der Major im General- 
stab Stotten zum Chef des Kriegspresseamts ernannt worden. Er hatte 
in seiner Zugehörigkeit zur Abteilung III B im Gr. H. Qu. die Entwicklung 
des Kriegspresseamts zu beobachten Gelegenheit gehabt und die An- 
sprüche der O. H. L. an den Pressedienst kennengelernt. Dies schien 
für die Führung der Geschäfte ausreichend, nachdem die Reichsregierung 
anscheinend eine Leitung herzustellen geneigt schien. In der Dienst- 
anweisung vom Januar 1917 wurden die Aufgaben des Kriegspresseamts 
noch einmal vom General Ludendorff genau festgelegt: das schnelle und 
einheitliche Zusammenwirken der O. H. L. mit den Berliner Zentral- 
behörden in allen Presseangelegenheiten herbeizuführen und zu erleichtern,
	        
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