Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

104 Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 
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presseamt an. Von einzelnen Artikeln versprach die O. H. L. sich nicht viel, 
auch nicht von einer laufenden Berichterstattung über den Kaiser. Was 
in dieser Richtung geschah, erfolgte nicht auf ihre unmittelbare Veran- 
lassung. Die Grenzen ihrer eigenen Tätigkeit blieben eng gezogen. Die 
Abwehr mußte außerhalb dieser Grenzen im Gebiet der Politik erfolgen. 
Auch was vom Kriegsministerium in Verbindung mit dem Kultusmini- 
sterium unternommen wurde, genügte nicht. Ein kraftvolles Eintreten 
der Reichsregierung nach innen und außen war notwendig. Es unterblieb, 
während der Feind seine Anstrengungen verdoppelte. 
  
Der Kanzlerwechsel Mitte Juli 1917 vollzog sich unter Umständen, 
die dem Pressedienst der O. H. L. die Durchführung der dem Kriegspresse- 
amt übertragenen Aufgaben wesentlich erschweren mußten. Sie gipfelten 
darin, den Kampfwillen aufrechtzuerhalten und beim Feldheer wie in 
der Heimat die Überzeugung zu fördern, daß nur unsere Unbesiegbarkeit 
den feindlichen Vernichtungswillen brechen könnte. Die aufklärende 
Tätigkeit, die kurz darauf den Namen „Vaterländischer Unterricht“ erhielt, 
war in voller Entwicklung. Über die Richtung dieser Tätigkeit bestand 
Übereinstimmung zwischen den militärischen und den politischen Behörden. 
Die Friedensresolution, die der Abgeordnete Erzberger in den Tagen vom 
6. bis 19. Juli herbeiführte, war eine völlige überraschung. Es war zu 
erwarten, daß von jetzt an noch mehr vom Frieden als vom Kriege in der 
Presse gesprochen werden würde, daß die vom Kriegspresseamt für die 
Kriegführung zu leistende Arbeit als gegen die Friedensresolution gerichtet 
angesehen und, anstatt gefördert, eingeschränkt werden würde. 
General Ludendorff benutzte seine Anwesenheit in Berlin zu persön- 
licher Rücksprache mit dem Presseausschuß. Er gab ihm ein Bild von der 
militärischen Lage, wie er es auch den Parteiführern des Reichstags ent- 
worfen hatte. Er betonte, daß die O. H. L. auf die Presse als Kampf- 
mittel nicht verzichten könne. Er erkannte die bisherige Gefolgschaft auf 
militärischem Gebiet mit Dank an. Er sprach die Auffassung aus, die die 
O. H. L. stets vertreten hatte, daß ein erfolgreiches Zusammenarbeiten nicht 
möglich sei durch den Zwang der Zensur, sondern nur durch eigene, freie 
Überzeugung der Presse und durch ihre Zusammenarbeit mit den Behörden. 
Er wies auf die Gefahr hin, daß die Presse sich ohne Rücksicht auf den Krieg 
politischen Fragen widme und dadurch den Kampfwillen der Feinde 
stärke. Er verlangte bei öffentlicher Erörterung inner= und außerpolitischer 
Art Rücksichtnahme auf den noch unausgefochtenen militärischen Kampf. 
Diese Aufgabe stellte er der deutschen Presse zur Lösung in voller Freiheit 
und Unabhängigkeit. Im Namen des Presseausschusses gelobte der Ver- 
treter der sozialdemokratischen Presse weitere Gefolgschaft.
	        
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