Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 111
wir geschlossen erhalten müssen. Der Feind wird in seiner Hoffnung auf
unsere innere Zersetzung gestärkt, der Krieg verlängert, das Heer vor
immer neue und immer schwerere Aufgaben gestellt“. Er ersuchte, auf die
Presse aller Parteien dahin zu wirken, daß der Weg, den die „Frankfurter
Zeitung“ angekündigt hatte, unter keinen Umständen beschritten
werden dürfe.
In demselben Sinne suchte das Kriegspresseamt immer von neuem zu
wirken.
Die Antwort des Kanzlers hielt an dem Standpunkt vom Januar fest,
daß der Kampf in der Presse von Zensurmaßnahmen unbeeinträchtigt sich
vollziehen müsse. Sie übersah, daß der Generalfeldmarschall nicht Zenfur=
maßnahmen, sondern eine Einwirkung der Reichsregierung auf Parteien
und Presse aller Parteien gefordert hatte. Hierauf ging die Antwort nur
nebenbei und allgemein ein. Es gewann den Anschein, als ob die Re-
gierung den öffentlichen Kampf in der Presse wollte.
Zur gleichen Zeit erhob der Abgeordnete Erzberger im Hauptausschuß
des Reichstages Angriffe gegen das „Unfug treibende Kriegspresseamt"“.
Das Kriegspresseamt war genannt, aber die Oberste Heeresleitung war
gemeint. Eine Erwiderung von der Regierungsseite erfolgte nicht, auch der
Kriegsminister trat nicht für den ihm bekannten Standpunkt der O. H. L.
und die in den gebotenen Grenzen erfolgende Tätigkeit des Kriegspresse-
amts ein. Selbst die irreführende Behauptung des Abgeordneten Gothein,
im Kriegspresseamt seien 480 Offiziere beschäftigt, deren durchaus segens-
reiche Tätigkeit zu bezweifeln sei, blieb unwidersprochen. Die O. H. L. er-
suchte das Kriegsministerium, das Kriegspresseamt gegen diese Angriffe in
Schutz zu nehmen, da es ein Organ der O. H. L. sei und das gegenseitige
Vertrauen nicht erschüttert werden dürfe. Gleichzeitig erging an das Kriegs-
presseamt Verfügung zur engen Zusammenarbeit mit dem Pressechef des
Reichskanzlers. Die Oberzensurstelle erhielt erneut Weisung, bei der Über-
mittlung von Zensuranordnungen an die Presseaufsichtsbehörden die Be-
zeichmung der erlassenden Behörde nicht zu unterlassen. Diese Weisung war
durch die tatsächliche Inanspruchnahme der Zensur seitens der politischen
Behörden notwendig geworden. .
Erst in der Apriltagung des Reichstages wies der Vertreter des
Kriegsministeriums die Angriffe gegen das Kriegspresseamt zurück. Er
stellte fest, daß dort mur 119, zum Teil verwundete und nicht voll arbeits-
fähige Offiziere beschäftigt waren. Nur die Generalstabsoffiziere des
Kriegspresseamts seien feldverwendungsfähig. Der Abgeordnete Scheide-
mann erhob die Anschuldigung, das Kriegspresseamt überschreite seine ur-
sprünglichen Aufgaben, indem es sich bemühe, die deutsche Presse zum
Werkzeug gewisser Kreise zu machen. Der Abgeordnete Erzberger hielt