Der vaterländische Unterricht. 119
Am 29. Juli 1917 ergingen folgende
Leitsätze für den vaterländischen Unterricht“)
unter den Truppen.
I. Bedeutung des vaterländischen Unterrichts.
Das deutsche Heer ist durch den Geist, der es beseelt, seinen Feinden überlegen
und seinen Verbündeten ein starker Rückhalt.
Zu Beginn des Krieges war die Grundlage dafür Begeisterung und in langer
Friedensarbeit anerzogene Mannszucht. Die drei Kriegsjahre haben diese Grundlage
verschoben und erweitert. Verständliche Sehnsucht nach Heimat, Familie und Beruf
konn die Kampfentschlossenheit lähmen und den Willen, bis zum endgültigen Sieg durch-
zuhalten, abschleifen.
Die Länge des Krieges brachte auch in zunehmendem Maße für Heimat und Heer
Entbehrungen und Opfer. Je mehr diese Lasten auf den Geist des Heeres drücken,
um so mehr müssen Überzeugung, Pflichtgefühl und klare Entschlossenheit Grundlage
der Kampfkraft des Heeres werden.
II. Organisation.
1. Die Zusammenfassung der bereits bei der Mehrzahl der Armeen geschaffenen
Einrichtungen für den vaterländischen Unterricht unter den Truppen in eine einheitliche
Organisation soll jene nicht binden, sondern fördern und gewonnene Erfahrungen ver-
allgemeinern.
Die Stimmung beim Heer und in der Heimat steht in Wechselwirkung. Deswegen
muß der vaterländische Unterricht der Heimat mit dem beim Heer in Übereinstim-
mung gebracht werden.
2. Die Armeeoberkommandos, Generalgouvernements und stellvertretenden
Generalkommandos sind dafür verantwortlich, daß der vaterländische Unterricht bei den
ihnen unterstellten Truppen erfolgt. Die Art des Unterrichts im einzelnen muß ihnen
überlassen bleiben.
3. Die durch die Verfügung des Kriegsministeriums als Leiter der Aufklärungs-
arbeit unter den Truppen aufgestellten Offiziere sind die Bearbeiter und Ratgeber für
den vaterländischen Unterricht bei den Armeeoberkommandos. Die Geeignetheit ist
entscheidend für das Gelingen ihrer Aufgabe. Hierzu ist volle Hingabe an den Dienst,
Verständnis, Arbeitskraft, eigenes Überzeugtsein von der Bedeutung der Aufgabe, Takt
und Kenntnis politischer und wirtschaftlicher Fragen, vor allem aber Kenntnis der
inneren Verfassung der Truppen selbst notwendig. Es empfiehlt sich, den Leiter des
vaterländischen Unterrichts dem Generalstab zuzuteilen.
4. Es empfiehlt sich, bei den Armeeoberkommandos usw. und bei Divisionen und
Etappeninspektionen eine gleichmäßige feste Organisation zu schoffen. Bei diesen Stellen
ist der Truppenbefehl, die Seelsorge, Intendantur, Verpflegung usw. vereinigt und
damit eine Anlehnung an die Befehlsverhältnisse möglich. Einer Zersplitterung und
einem Eingreifen in die Befehlsverhältnisse wird dadurch vorgebeugt. Innerhalb der
Divisionen und Etappeninspektionen wird sich der vaterländische Unterricht zweckmäßig
den verschiedenen Verhältnissen anpassen.
*) Die Bezeichnung „Vaterländischer Unterricht“ wurde erst am 15. September
1917 angeordnet. Bis dahin wurde er „Aufklärungstätigkeit unter den Truppen“
genannt.