Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

2. Der Feind. 
ie Volksstimmung litt, schon ehe sie sich in der Hand des Feindes und 
in der gewissenloser Parteimänner dazu verstieg, den Feind im 
eigenen Land zu suchen, von Kriegsanfang an unter der Unklarheit, 
welches der Feind Deutschlands sei. In der ersten Begeisterung war nichts 
von England zu hören. Es haftete in dem Volksempfinden während der 
Mobilmachung und des Aufmarsches, der sich hauptsächlich gegen Frank- 
reich vollzog, noch zuviel Erinnerung an die glorreichen Waffentaten der 
Vergangenheit. Erst Englands Kriegserklärung und der Russeneinfall in 
Ostpreußen weckten das Verständnis für die Gegenwart. Dies war der 
Augenblick, in dem es dem deutschen Volke zum Bewußtsein gebracht 
werden mußte, daß die größten Militärmächte Europas sich auf Gedeih 
und Verderb zur Vernichtung Deutschlands zusammengefunden hatten. 
Als die O. H. L. es unternahm, war es zu spät. Wie vor dem Kriege, 
herrschte auch damals schon wieder der Streit um das östliche und westliche 
Problem, hielten einige Phantasten sogar einen Sonderfrieden mit Frank- 
reich für möglich. 
Unsere Verbündeten führten ihre besonderen Feinde den Reihen der 
Entente zu. Sie sahen nur in diesen und in Rußland ihren Feind. Eng- 
land und Frankreich schienen ihnen Feinde zmeiter Ordnung. Das war 
um so gefährlicher, als Rußland aus der Reihe der Kämpfenden ausschied 
und Amerika, anscheinend durch Deutschlands Schuld, die Kraft der Feinde 
belebte. 
So sahen die Völker der Mittemächte Feinde, die Völker der Entente 
aber nur einen Feind: Deutschland. Nicht, weil Deutschland sie angriff.“ 
sondern weil sie gelehrt waren, in Deutschland im friedlichen Wettbewerb 
den erfolgreichen Konkurrenten, im Kriege den waffenstarken Führer der 
Mittemächte zu erblicken. Sie alle erwarteten, bei einer Vernichtung 
Deutschlands auf ihre Kosten zu kommen, Deutschlands Verbündete waren 
ihnen ohne weiteres ausgeliefert, wenn Deutschland erlag. 
Die Einfachheit der politischen Lage und des Kriegsziels verlieh der 
Kriegführung des Feindes von vornherein Klarheit. Der Wille zum Sieg, 
den bei uns die Oberste Heeresleitung vertreten mußte, war beim Feinde 
völkisches Gemeingut. Seine politische Leitung war entschlossen, den 
Krieg bis zur Vernichtung des Gegners durchzusetzen. Damit war er von 
selbst Mittel der Politik geworden.
	        
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