Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

158 Der Feind. 
  
lieferten umfangreiches Material über alle Zweige der feindlichen Propa- 
ganda und ein vollkommen klares, umfassendes Bild über ihre Ziele, 
Wege und Mittel. 
Weder zur Abwehr noch zur Gegenpropaganda war der Generalstab 
die nach Verantwortung, Vorbildung und Mitteln zuständige Stelle. Nur 
auf den Kriegsschauplätzen konnte die O. H. L. eingreifen. Die Nachrichten- 
offiziere hielten das Interesse der Truppenkommandeure für die Abliefe- 
rung der vom Feinde abgeworfenen Flugblätter und Schmähbilder wach 
und förderten sie durch Zahlung von Belohnung an die abliefernden 
Truppen. Vorgesetzte und vaterländischer Unterricht waren bemüht, der 
Propaganda aufklärend entgegenzutreten. Die Truppe lehnte die feind- 
liche Propaganda, die ihr als solche erkennbar war, fast durchweg ab. Die 
bei den Nachrichtenoffizieren abgelieferten Flugblätter zählten monatlich 
zu vielen Zehntausenden, und ganze ungeöffnete Pakete ließen erkennen, 
daß die Truppen es verschmähten, den feindlichen Lügen Beachtung zu 
schenken. Das änderte sich, als dieselben Gedanken von der Heimat her 
den Weg zur Truppe fanden. Erst als die feindliche Propaganda über 
die Front der über die Heimat die Hand reichte, gewann sie Einfluß auf 
den Geist unserer Truppen. 
Das gesamte Material wurde den zur Abwehr verantwortlichen und 
fähigen Heimatbehörden zugeleitet. Dem Generalfeldmarschall wurde die 
feindliche Propaganda in großen Zügen bekannt. Er leitete daraus seinen 
Anspruch an den Reichskanzler her, in der Person eines Propaganda- 
ministers ein Gegengewicht zu schaffen. Als nichts geschah, machte er selbst 
am Sedantage 1918 das deutsche Volk und Heer auf die ihm durch die 
feindliche Verführungskunst drohende Gefahr in einem Aufruf aufmerk- 
sam, der mit den Worten schloß: „Wehre Dich, deutsche Heimat und 
deutsches Heer!“ In letzter Stunde versuchte er es, an Volk und Heer zu 
appellieren, nachdem sein Appell an die Reichsregierung ungehört ver- 
hallt war. 
Dem General Ludendorff habe ich aus dem Material der feindlichen 
Propaganda eine Auswahl vorgelegt. Er trat mit aller Schärfe für die 
Forderung einer Gegenarbeit ein. Er befahl, die ihm vorgelegten Beweis- 
stücke auch einer Gruppe im Gr. H. Qu. erwarteter Reichstagsabgeordneter 
zur Kenntnis zu bringen, in der Hoffnung, daß die Forderungen der 
O. H. L. bei der Reichsleitung durch sie unterstützt würden. Ich erinnere 
mich des Zweifels an der Echtheit des Materials, den ein an der Front- 
reise teilnehmender sozialdemokratischer Führer, der Abgeordnete David, 
aussprach. Dieselbe Beobachtung war bei Pressevertretern der Sozial- 
demokratie und bei Vertretern von Blättern wie „Frankfurter Zeitung" 
und „Berliner Tageblatt“ zu machen. Zu schwer konnten die in inter-
	        
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