Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

162 Der Feind. 
  
zösische Sozialisten an. Sonst standen uns nicht, wie dem Feind, feindliche 
Staats= oder Heeresangehörige für die Herstellung erfolgreichen Materials 
zur Verfügung. Dem sozialistischen Gedanken allein traute die O. H. L. 
— auf Erfahrungen gestützt — keine Wirkungen zu gegenüber dem natio- 
nalen Geist, der sich in der französischen Armee betätigte. Eine ungeschickte 
Propaganda aber wurde für schlimmer gehalten als keine. 
Dennoch wurde im August 1918 versucht, auch in dieser Richtung 
noch etwas zu erreichen. Die Propaganda gegen die Amerikaner und 
Belgier war in der Hauptsache den betreffenden Armeeoberkommandos 
übertragen worden, um sie auf den Beobachtungen der Front aufzubauen. 
Sie war der Oberleitung durch die Abteilung III B nur insoweit über- 
wiesen, als es sich darum handelte, Entscheidungen der O. H. L. herbei- 
zuführen oder ihr Hilfsquellen in der Heimat zu erschließen. Als die 
Propaganda auf die ganze feindliche Front ausgedehnt werden sollte, 
lehnte ich eine weitere Belastung der Abteilung ab. Es wurde eine be- 
sondere Stelle geschaffen. Als mir nahegelegt wurde, diese zu übernehmen, 
um meine Erfahrungen zur Geltung zu bringen und mich dafür von 
anderen Aufgaben zu entlasten, lehnte ich auch dies ab. Das Unter- 
nehmen konnte wieder zu nichts anderem führen, als eine Organi- 
sation zu schaffen, welcher der Inhalt fehlte, weil die politische Mitarbeit 
versagt wurde. An derartigen, zur Unfruchtbarkeit verurteilten militär- 
politischen Aufgaben hatte ich im eigenen Arbeitsgebiet genügend zu leiden. 
Unter den obwaltenden Umständen hatte es gar keinen Zweck, eine 
Propaganda gegen die Front der Franzosen und Engländer zu versuchen. 
Sie hätte uns nichts genützt, uns nur in der Abwehr der feindlichen Pro- 
paganda eingeschränkt. Englische Offizierflieger, die hinter unseren Linien 
landen mußten, wurden im Besitz zahlreicher aufhetzender Flugblätter ge- 
funden. Ihre Handlung wurde als außerhalb des Kriegsrechts stehend 
betrachtet. Sie wurden von Kriegsgerichten verurteilt, die deutsche Auf- 
fassung der englischen Regierung zur Kenntnis gebracht. Deutschen 
Fliegern war der Abwurf von Flugblättern auch über den belgischen und 
amerikanischen Truppen verboten. Die Propaganda durfte sich nur an- 
derer Mittel, wie Hinüberschießen, Heißluftballons usw., bedienen. Den- 
noch drohte die englische Regierung mit Gegenmaßregeln an den in ihrer 
Hand befindlichen deutschen Fliegern. Es gelang nicht, die deutsche Ansicht 
auf diplomatischem Wege durchzusetzen oder eine gegenseitige Verpflichtung 
zum Unterlassen dieses Kampfmittels zu erreichen. Der Feind hatte er- 
kannt, daß wir aus den dargelegten Gründen nicht in der Lage waren, 
seine Propaganda nachzuahmen, und hatte dort, wo wir es versuchten, 
gesehen, daß wir eine Propaganda nicht verstanden. Er nutzte deshalb die 
seine mit äußerster Kraft bis zum Schluß aus.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.