Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Die Presse. 171 
  
die Außerungen der sozialdemokratischen Blätter, besonders des „Vor- 
wärts“, auf die russischen Friedensunterhändler keinen für Deutschland 
irgendwie merklich günstigen Einfluß ausübten, sondern zum Teil sogar 
als von ihnen beeinflußt zu gelten haben. 
Dieser kurze Abriß genügt, um zu zeigen, wohin die Zusammenarbeit 
des politischen Pressedienstes mit der sozialdemokratischen Presse führte, 
wenn nicht gleichzeitig diejenigen Machtmittel angewandt wurden, die 
in der Hand der Reichsregierung lagen. Allerdings darf dabei nicht außer 
acht gelassen werden, welche Macht die Regierung des Grafen Hertling in 
bezug auf eine kraftvolle Kriegführung nach außen und innen noch dar- 
stellte. 
Eine eigentliche Parteipresse war nur die der Sozialdemokratie. Sie 
lag fest in der Hand der politischen Führer, war mit Parteigeldern finan- 
ziert und besaß eine politisch einheitliche Leserschaft. In der Macht, welche 
die Presse im ganzen darstellte, war die sozialdemokratische Presse der ge- 
schlossenste Faktor. Auch war sie derjenige Teil der deutschen Presse, auf 
die die Behauptung am meisten zutraf, daß sie in erster Linie die Meinung 
des Volkes hervorrufe. Die Richtung, in der sie hierbei wirkte, wurde durch 
die Lasten, welche der Krieg dem Volke auferlegte, gefördert. Ich wieder- 
hole die Worte des Generalfeldmarschalls, die er in der entscheidenden 
Zeit der Brest-Litowsker Verhandlungen an den Reichskanzler richtete: 
„Die Auffassung, daß die Gesinnung unseres in schweren Kämpfen und 
Nöten des Krieges bewährten Volkes auch in der großen Menge der sozial- 
demokratischen Kreise noch heute gut und vaterlandstreu ist, habe ich von 
jeher vertreten. Gerade auf diesem Vertrauen zu unserem Volk beruht 
aber meine Forderung, einschüchternden Einflüssen nicht nachzugeben.“ Mit 
Aufklärung oder geistiger Beeinflussung war bei der mit den zur bestehen- 
den Staatsordnung im Widerspruch stehenden Führern gleichbedeutenden 
sozialdemokratischen Presse nichts zu erreichen. Ihr gegenüber konnte nur 
die rücksichtslose Anwendung der Machtmittel des im Lebenskampf stehen- 
den Reiches Platz greifen. Deshalb schied dieser Teil der deutschen Presse 
immer mehr aus dem Wirkungzskreis des Pressedienstes der O. H. L. aus 
und wurde seine Behandlung schließlich allein eine Frage der Staatsgewalt. 
Der Kampf war aussichtsreich, solange sich die Gegnerschaft gegen eine 
entschlossene Kriegführung auf die sozialistischen Führer und die von ihnen 
beeinflußte Presse beschränkte. Unsere Gegner haben bewiesen, daß eine 
Regierung mit nationalem Willen auch in der breiten Masse des Volkes 
den Sieg über sozialistifche Ideen davonträgt. Diesen Kampf hatten unsere 
Gegner gleichfalls zu führen. Bei uns wurde er erst dadurch aussichtslos, 
daß weitverbreitete bürgerliche Blätter dem inneren Feind Vorspann 
leisteten.
	        
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