172 Die Presse.
Von der Presse einer bestimmten Partei kann dabei nicht gesprochen
werden. Es sind einzelne Blätter, die die Schuld allein trifft. Allen voran
das Berliner Tageblatt und die Frankfurter Zeitung. Wie wenig es sich
bei diesen Blätter um eine eigentliche politische Parteipresse handelte, geht
schon daraus hervor, daß die „Frankfurter Zeitung“ es lebhaft ablehnte,
mit dem „Berliner Tageblatt“ auf eine Stufe gestellt zu werden, und daß
sie, als die O. H. L. durch den Vizekanzler v. Payer versuchte, sie zur
Einstellung ihres für die Kriegführung verhängnisvollen Treibens zu ver-
anlassen, sich dem Einfluß dieses ihres ehemaligen Parteiführers nicht fügte.
„Berliner Tageblatt“ und „Frankfurter Zeitung“ zeigten sich als aus-
gesprochen jüdische Blätter. Ich weiß mich frei vom Vorurteil. Ich habe
persönlich Unparteilichkeit lernen und betätigen müssen. Ich muß dies aber
offen aussprechen, weil ich bei diesen und wesensverwandten Blättern einen
völlig anderen Geist fand als sonst bei der Presse aller Richtungen. Beim
„Berliner Tageblatt" in so ausgesprochener Form, daß von Anfang an von
irgendwelcher Verbindung mit dem militärischen Pressedienst überhaupt
kaum gesprochen werden kann. In den Kreisen der sozialdemokratischen
Presse war für das, was militärisch im Kriege gefordert werden mußte,
weit mehr Verständnis als hier. Die „Frankfurter Zeitung“ dagegen hielt,
namentlich zur Zeit der militärischen Führung durch den General v. Fal-
kenhoyn, engere Verbindung. Richt um den Münschen der militärischen
Führung ihr Ohr zu leihen, sondern um sie in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Mehrsach suchte ihr Redaktionsvorsitzender den Chef des Generalstabes auf.
Gegenstand seiner Wünsche waren politische Fragen der Kriegführung.
Die Forderung, die späterhin gerade in dieser Zeitung so lebhaft erhoben
wurde, daß die militärischen Führer keinen politischen Einfluß haben dürf-
ten, stand im Widerspruch zu diesen Vorgängen. Das Unklare und Wech-
selnde war überhaupt die Eigenart der jüdisch-demokratischen Presse. Ihr
Standpunkt zum Kriege stieg und fiel mit den Veränderungen der militäri-
schen Lage wie die Kurse an der Börse. Sie vertrat gegen Ende des
Krieges mit wachsender Heftigkeit, daß der Krieg nicht militärisch entschie-
den werde. Sie schuf aber an Stelle der militärischen keine anderen Waffen
zum Kampfe, sondern rechnete mit derselben Charakterschwäche beim Feind,
die ihr eigen war. Nicht der feindliche Vernichtungswille, sondern
deutsche Eroberungspläne schienen ihr die treibenden Elemente des Krieges.
Dabei wäre sie, wie jetzt die feindlichen Demokratien, durchaus für eine weit-
gehende Ausnutzung eines Sieges der deutschen Waffen eingetreten. Als
der Erfolg unserer großen Durchbruchsschlacht in Frankreich im März 1918
die Einheitlichkeit der Mehrheitsparteien zur Friedensresolution ins
Wanken brachte, legte Mitte April auch die „Frankfurter Zeitung“ Wert
darauf, daß die maßgebenden Herren im Großen Hauptquartier vertrau-