176 Die Presse.
auch die militärische Beeinflussung fast unwirksam. Die auf dem Boden
der Kriegführung verbliebenen Zentrumsblätter suchten zwar Anlehnung
an den militärischen Pressedienst, da ihre Bestrebungen aber solche von
vorwiegend politischer Art waren, konnte er ihnen nicht folgen. Das Ver-
hältnis zur Zentrumspresse als einer ausgesprochenen Parteipresse blieb
daher ähnlich lose wie das zur sozialdemokratischen Presse.
Innerhalb der nationalen, nationalliberalen und konservativen Presse
hatten sich die Parteiunterschiede verwischt. Sie traten höchstens in den
Fragen innerer Reform noch zutage. An Stelle der politischen war vielfach
eine wirtschaftliche Gruppenbildung getreten. Während die sozialdemokra-
tische und die demokratische Presse durch die Regierung vor allem beachtet
und die Zentrumspresse seit der Friedensresolution durch die regierende
Partei beeinflußt wurde, stand der als national anzusprechende Teil der
Presse auf eigenen Füßen. Nur von der „Kölnischen Zeitung"“ und der
„Magdeburgischen Zeitung“ wurde behauptet, daß sie sich der Förderung
durch die Regierung erfreuten.
Eine besondere Rolle spielte die süddeutsche Presse. Die badische,
württembergische und pfälzische Presse zeichnete sich trotz starken demokrati-
schen Einschlags, der sich von überragendem jüdischen Einfluß fernhielt,
durch Verständnis für die Kriegsnotwendigkeiten aus. Sie suchte ständig
Anschluß an die militärische Führung. Unter den sozialdemokratischen
Blättern trat die Mannheimer „Volksstimme“ erst im letzten Teil des
Krieges als abwegig hervor.
Die bayerische Presse ging ihre eigenen Wege. In ihr überwog die
Zentrumspresse bei weitem. Daneben spielten die sozialdemokratische „Mün-
chener Post“ und ihr Hauptschriftleiter eine immer mehr hervortretende Rolle
und fanden bei der Staats= und Reichsregierung zunehmende Beachtung.
Der beschränkte Presseapparat der Reichsleitung verlieh der Berliner
Presse ein im Reich und besonders in Süddeutschland sehr widerwillig auf-
genommenes Übergewicht. In Berlin erschienen 50, in den Vororten 30,
zusammen in Groß-Berlin also 80 Zeilungen. Hiervon nannten sich 44
parteilos, 5 konservativ und freikonservativ, 7 national, 3 nationalliberal,
5 Zentrum, 14 freisinnig, 1 sozialdemokratisch und 1 polnisch. Im Vergleich
mit dem Reich zeigt sich in Berlin die freisinnige Presse bei weitem stärker
vertreten. Die wesentlichen Vertreter des Berliner Freisinns, das „Ber-
liner Tageblatt“ und ihre Tochterzeitungen, die „Berliner Morgenzeitung“
und die „Berliner Volkszeitung", wurden vom Verlage Mosse herausgege-
ben. Der nächstgrößere Verlag, Ullstein, zählte gleichfalls zur freisinnigen
Richtung und vereinigte in sich außer dem Hauptblatt, der „Vossischen
Zeitung“, die „Berliner Morgenpost“, die „B. Z. am Mittag“, die „Berliner
Abendpost“ und die „Berliner Allgemeine Zeitung“. Unter Leitung des Ver-