Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

178 Die Presse. 
  
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Der latente politische Kriegszustand, der in der deutschen Presse vor- 
handen war und durch keine Regierung gemeistert wurde, führte zu meh- 
reren heftigen Ausbrüchen, von denen besonders einer auch das Kriegs- 
presseamt in seine Kreise zog. Anfang Januar 1918 wurde die im vorher- 
gehenden Kapitel gekennzeichnete feindliche Propaganda gegen den Gene- 
ral Ludendorff durch mehrere aus voneinander unabhängigen Quellen 
eingehende Nachrichten angekündigt. Der General sollte als Kriegsver- 
längerer, als Feind der katholischen Kirche, als Gegner der Wahlreform 
und sonst als Vertreter alles dessen hingestellt werden, was ihm das Ver- 
trauen in Volk und Heer abzugraben geeignet gewesen wäre. Um diese 
feindliche Absicht zu durchkreuzen, wurde Anfang Februar in der Presse- 
besprechung in Berlin vertraulich Mitteilung gemacht. Die Folge war 
bezeichnend dafür, wie der innere Hader jede Vernunft bereits überwucherte 
und wie tief das gegenseitige Mißtrauen wurzelte. Zunächst waren ein- 
zelne Blätter im Übereifer so ungeschickt, die vertraulichen Mitteilungen 
mehr oder weniger deutlich zu veröffentlichen. An sich hätte dies wenig 
geschadet, dem Feind vielleicht die Durchführung seiner Absichten erschwert. 
Blätter der Linken aber machten seine Sache zu der ihrigen, indem sie 
diesen Mitteilungen widersprachen und die Richtigkeit der Meldung be- 
zweifelten. Sie witterten dahinter eine Propaganda des militärischen 
Pressedienstes für den General Ludendorff. Die Blätter der Rechten griffen 
den Streit auf und ließen durchblicken, daß die Fäden dieser Entente-Pro- 
paganda von Deutschland aus beeinflußt würden. Die „Berliner Neuesten 
Nachrichten“ nannten den Namen des Abgeordneten Erzberger. Damit war 
ein allgemeiner Kampf entstanden, der von der Presse der Mehrheits- 
parteien auf Kosten des Generals Ludendorff geführt wurde. Es geschah, 
was der Feind erstrebte. Mochten die Dinge liegen, wie sie wollten, und 
mochten die Nachrichten zutreffen oder nicht, unter allen Umständen war 
es richtig, abzuwarten, ob sie sich bewahrheiteten und wie Ursprung und 
Inhalt der Hetze gegen die militärische Führung erkennbar wurden. Der 
Kampf brach so überraschend aus und hatte so schnell verheerende Folgen, 
daß schon eine Woche nach jener ersten Mitteilung der Chef des Kriegs- 
presseamts, da Besprechungen mit den einzelnen beteiligten Zeitungen nichts 
nützten, in der Pressebesprechung allgemein ausführen mußte, daß das 
Auswerten seiner Mitteilung für den Parteikampf und zu Angriffen gegen 
politische Persönlichkeiten in keiner Weise den Wünschen und Ansichten der 
O. H. L. entspreche und daß dadurch gerade der Schaden herbeigeführt 
worden sei, dem die Mitteilung habe vorbeugen wollen, eine Kluft im 
deutschen Volke zu schaffen. Aber auch dieses Eingreifen genügte noch nicht. 
Die O. H. L. war genötigt, durch Wolfftelegramm am 26. 2. öffentlich eine 
amtliche Darstellung des Vorgangs zu geben, um die erhitzten Gemüter zu
	        
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