Die Presse. 179
beruhigen. Der Feind aber hatte erkannt, daß er sich auf dem richtigen
Wege befand. Die Gegner der Kriegführung in Deutschland hatten seine
Ziele gefördert. Auf die Vorgänge, die das Vertrauen zur militärischen
Führung zermürbten, wird noch bei der Betrachtung über die O. H. L. zu-
rückzukommen sein. Hier genügt dies eine Beispiel, zu zeigen, wohin wir
auf einem Wege, der es der Presse selbst überließ, zu den Elementen des
Krieges vom Parteistandpunkt aus Stellung zu nehmen, gekommen waren.
Die eigenen Organisationen der Presse waren nur solche mit wirtschaft-
lichen Zwecken. Zu einem energischen Wirtschaftskampf gaben die durch
den Krieg herbeigeführten Verhältnisse der Presse berechtigten Anlaß. Der
Krieg hatte in die Reihen ihrer geistigen Mitarbeiter und technischen Hilfs-
kräfte empfindliche Lücken gerissen. Ihre Anträge um Befreiung vom
Kriegsdienst fanden um so größere Widerstände, als die Bedeutung der
Presse von den entscheidenden Stellen nicht in dem erforderlichen Umfange
anerkannt wurde. Die O. H. L. unterstützte ihr zugehende Wünsche wohl,
mußte sich aber Zurückhaltung auferlegen, weil sie gerade diejenige Stelle
war, die jede Kraft für den Waffendienst beanspruchte und somit nicht gleich-
zeitig Befreiungen vom Waffendienst das Wort reden durfte. Die Per-
sonalfragen der Presse mußten bereits in den Mobilmachungsvorarbeiten
der Behörden grundsätzliche Regelung gefunden haben. Die großen Ver-
läge waren am ersten in der Lage, entstehende Lücken auszufüllen. Ihr
Übergewicht erhöhte sich dadurch. Nächst der Personalfrage standen die
Schwierigkeiten in der Papierlieferung in erster Linie. Die Zuweisung er-
folgte auf Grund einer Staffelung nach den im Frieden bezogenen Mengen.
Auch hierin hätte eine Umstellung auf die Bedürfnisse der Kriegführung
durch die Mobilmachungsvorarbeiten gewährleistet sein müssen. Hier hatte
es eine entschlossene Regierung in der Hand, das Schwergewicht der Presse
in ihrem Sinne zu verschieben. Dadurch, daß man auf den Friedensver-
hältnissen weiterbaute, verfügten große Verläge über einen Überschuß von
Papier, mit dem eine meist überflüssige, oft der Kriegführung schädliche
Literatur neben den Zeitungen aufrechterhalten werden konnte. Kleinere
Betriebe wußten dagegen häufig nicht, ob ihnen am nächsten Tage aus-
reichende Mengen Papier für die Zeitung zur Verfügung standen. Es ist
verständlich, daß darunter die Schaffensfreudigkeit und die Nerven der ver-
antwortlichen Schriftleiter und der am wirtschaftlichen Bestehen der Zeitun-
gen interessierten Verleger litten.
Den wirtschaftlichen Kampf führten vor allem die Verlegervereinigun-
gen. Vom Verein deutscher Zeitungsverleger spaltete im zweiten Teil des
Krieges die Vereinigung großstädtischer Zeitungsverleger ab. Soweit der
militärische Pressedienst Einblick in die Verhältnisse gewann, hatte er den
Eindruck eines wirtschaftlichen Machtkampfes innerhalb der deutschen
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