Die Regierung und die Parteien. 189
es meist nur solche untergeordneter Art, oder war es zur Einleitung ge-
meinsamer Behandlung zu spät.
Außer dem Pressedienst hatte von den Dienstzweigen der
Abteilung III B der Nachrichtendienst mit dem Auswärtigen Amt zu
rechnen. Hier stieß ich schon vor dem Kriege auf eine auffallende Sorg-
losigkeit, wenn ich zur Prüfung der Verhältnisse für den Aufbau eines
Nachrichtendienstes das Ausland bereiste und dabei in erster Linie unsere
auswärtigen Vertreter mit der Bitte um Unterstützung angehen mußte.
In Zeiten, in denen der Generalstab wegen politischer Krisen mit der Mog-
lichkeit kriegerischer Verwicklungen rechnete, jedenfalls mit allem Nachdruck
darauf hielt, das auf meinem Arbeitsgebiet Versäumte nachzuholen, stieß ich
bei unsern auswärtigen Vertretern auf eine Sorglosigkeit, die von der
ernsten Auffassung des Generalstabs über die Ziele der Entente schon da-
mals weit abwich. Ich fand nur geringe Bereitwilligkeit, den Generalstab
zu unterstützen, und eine auffallend lose Verbindung unserer auswärtigen
Vertreter zu den Deutschen im Ausland. Dies beides stand sehr im Gegensatz
zu der mir bekannten und beim feindlichen Nachrichtendienst dargestellten
Zusammenarbeit der gegnerischen Diplomatie mit ihren militärischen Behör-
den, sowie zu dem Einfluß, den sie auf ihre Landsleute im Ausland besaßen
und zum Besten der militärischen Interessen ausnutzten. Der Eindruck, den
ich gewann, war alles andere als der, daß wir diplomatisch auf einen Krieg
hinarbeiteten. Dagegen war unverkennbar, daß man vor dem Krieg den
Kopf in den Sand steckte. Ein politischer Nachrichtendienst schien nicht zu
bestehen. Wenn dieser auf den Ansichten unserer amtlichen Vertreter
allein sich aufbaute, dann gab er von feindlichem Willen zum Krieg und
Kriegsvorbereitung kein zutreffendes, jedenfalls ein von den beim General-
stab vorliegenden Nachrichten abweichendes Bild. Meine Eindrücke be-
schränken sich auf das neutrale Ausland. Die in der Entente verbündeten
Staaten blieben mir verschlossen. Sie waren mir nur durch Reisen vor
Antritt der Stellung als Chef des Nachrichtendienstes bekannt geworden.
Untere Militärattachés in den neutralen Staaten, die dort besondere Ge-
legenheit hatten, sich ein Urteil über die Kriegsvorbereitungen der Entente
zu bilden, wichen gleichfalls von dem unbesorgten Urteil der diplomatischen
Vertretung ab.
So fand uns der Ausbruch des Krieges politisch nicht gerüstet. Der
Abstand zur politischen Vorbereitung trat um so krasser in die Erscheinung,
als die militärische Kriegsührung gleich zu Anfang mit Handlungen von
weitreichender politischer Bedeutung einsetzte. Es waren das vor allem
die Kriegserklärung an Rußland und der Durchmarsch durch Belgien. In
beiden kommt eine weitgehende politische Konzession zum Ausdruck. Wenn
sie erteilt wurde, mußten auch die politischen Folgen getragen und ver-