198 Die Regierung und die Parteien.
rern, gesellte sich die Demokratie zu. Sie stand in bezug auf nationale
Kampfentschlossenheit im Gegensotz zu den feindlichen Demokratien.
Während diese den eigentlichen Kampf= und Vernichtungswillen verkörper-
ten, scharten sich als deutsche Demokratie vornehmlich diejenigen Kreise zu-
sammen, die im Kriege persönliche und eigennützige Ziele verfolgten, er-
reichten und sich sichern wollten. Zu ihnen kamen die Schwachen und
Kleinmütigen und die vielen nur Deutschland eigenen Schwarmgeister, die
zu bekämpfen und das deutsche Nationalbewußtsein zu wecken schon Luther
auszog. Internationale Ziele lassen sich gerecht und in den Grenzen ge-
sunder nationaler Vernunft nur im Frieden, aber nicht im Kriege lösen.
Sie konnten selbst Gegenstand der Friedensverhandlungen nur unter
Gleichberechtigten, aber niemals zwischen Sieger und Besiegtem sein.
Das Unheil der Friedensresolution wurde vergrößert durch die Ver-
kündung des Völkerbundes als deutschen Kriegsziels. Auch der Feind
sprach zu seinen Völkern von Völkerbund und von Abrüstung. Auch er
hielt ihnen die Segnungen ewigen Friedens vor. Er aber fügte hinzu, daß
es nur ein Hindernis für diesen gebe: Deutschland. Deutschland müsse
zunächst besiegt werden. So verwendete er die Idee des Völkerbundes, um
den sinkenden Kampfwillen neu anzufachen, während sie bei uns dazu
diente, für Einstellung des Kampfes zu werben. Erst wenn mit dem
Schwinden der Erschöpfung der Völker ihr nationales Bewußtsein wieder
erstarken und die verschwommenen Ideen einer internationalen Völkerver-
brüderung verblassen werden, wird das deutsche Volk in vollem Umfang
erkennen, welchen Zielen es durch die Herrschaft seiner sozialbemokratischen
Führer und der in der Demokratie während des Krieges vereinigten Volks-
teile geopfert worden ist.
In Berlin bildeten sich politische Salons und gewannen Einfluß. Wien
und München sprachen mit. Die Regierung, die Deutschland erhalten hatte,
war in Wahrheit eine solche der Mehrheit. Aus den Kreisen der Neutralen
ist mir ein ernstes Wort unvergeßlich: „Wir verstehen Deutschland nicht
mehr.“ Es war ein Zustand eingetreten, daß die H. H. L. Mühe hatte,
den militärischen Vorgängen und dem doch letzten Endes ausschlaggeben-
den militärischen Kampf Raum und Interesse in der Presse und der öffent-
lichen Erörterung zu erhalten. Es mußten schon sehr große Siegesnachrich-
ten sein, die den inneren Kampflärm übertönen konnten. Ich habe dar-
gelegt, daß die O. H. L. nichts unterlassen hat, auch diese Regierung und
im besonderen die sozialdemokratische und jüdisch-demokratische Presse auf
die Größe der noch zu bewältigenden Aufgabe und den ungebrochenen und
nur durch militärische Entscheidung zu brechenden Kampfwillen des Feindes
hinzuweisen. Das Eintreten der HO. H. L. dafür, daß die Sicherheit der
Front uns die Hoffnung auf eine glückliche militärische Lösung gestattete,