Die Oberste Heeresleitung. 203
uns mobilmacht.“ General v. Moltke belohnte ihn durch Versetzung in
den Generalstab. — Als Rußlands Mobilmachung feststand, wurde am
31. Juli mittags die drohende Kriegsgefahr für Deutschland ausgesprochen.
Es war dies eine technisch notwendige Vorstufe von 24 Stunden für die
Mobilmachung. Sie bedeutete, wie General v. Moltke den versammelten
Offizieren des Großen Generalstabs sagte, für den 1. August die Mobil-
machung und damit den Krieg, „wenn die geringe Hoffnung auf Erhaltung
des Friedens, die noch besteht, sich nicht erfüllt“. Sie erfüllte sich nicht.
Die Mobilmachung Rußlands ging weiter und rief damit für den strate-
gischen Beginn eines Krieges Gefahren von ausschlaggebender Bedeutung
hervor. Das Eintreten des Generals v. Moltke für die infolgedessen un-
aufschiebbare Mobilmachung auch des deutschen Heeres entsprang dem
tiefen Pflichtgefühl des für den Kriegsverlauf verantwortlichen General=
stabschefs.
Die Größe der überkommenen Aufgabe wurde im Generalstab mit
vollem Ernst empfunden. Von einer Hurra-Stimmung, die sich auf der
Straße wohl hier und da zeigte, war er weit entfernt. General v. Stein
wurde als Generalquartiermeister erster Berater des Generalstabschefs.
Wer diese beiden Offiziere kennt, und wer weiß, wie schwer Seiner Ma-
jestät dem Kaiser als Oberstem Kriegsherrn der Entschluß zum HKriege
wurde, der wird die tiefe Auffassung verstehen, mit der die HO. H. L. zu-
sammentrat und an ihre ernste Aufgabe heranging.
Den wuchtigen Eindrücken der ersten Kriegsmonate war die ge-
schwächte Gesundheit des Generalobersten v. Moltke nicht gewachsen.
Seine Pflichttreue war aber noch nicht gebrochen. Sie rang mit den ver-
sagenden Kräften des Körpers. Die mir vom General v. Moltke anver-
traute Aufgabe des Verkehrs mit der Presse ließ mich besonders seine
Sorge um die Bevölkerung der durch die Russen bedrohten Teile Schlesiens
und Östpreußens fühlen. Schon bettlägerig und durch den General v. Fal-
kenhayn entlastet, zermarterte sich General v. Moltke um die Größe der
der Heimat drohenden Gefahr und des von Volk und Heer zu bestehenden
Kampfes. Seine Pflichttreue betätigte sich ois zum Tode. Sie ließ ihn
nicht zögern, unter dem Zwang der Verhältnisse das nachgeordnete Amt
des Chefs des stellvertretenden Generalstabs in Berlin anzunehmen.
Dankbar begrüßte er jeden Besuch, wenn seine ehemaligen Untergebenen
bei dienstlichen Reisen nach Berlin Gelegenheit fanden, sich bei ihm zu
melden und ihm vom Gang der Ereignisse zu berichten. Mit tiefer Bitter-
keit äußerte er sich über geringe Entschlußkraft der Reichsregierung und
ihr mangelndes Verständnis für die Kriegsnotwendigkeiten. Mit ernster
Sorge sprach er über die Entwicklung der innerpolitischen Verhältnisse. Es
war bedauerlich, daß das Amt des Chefs des stellvertretenden General-=