Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

206 Die Oberste Heeresleitung. 
  
Was schließlich die jetzige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch 
das Mittel der Presse betrifft, so ist nur zu bedauern, daß sie nicht schon 
im Kriege als Beispiel zur Verfügung stand. Bleibt nur die Richtung, in 
der diese Beeinflussung gesucht wurde. Sie konnte für die Oberste Heeres- 
leitung nur die auf den Feind sein. 
Zum militärischen Verlauf des Krieges und zu den Grundlagen ihrer 
Entschlüsse haben unsere militärischen Führer selbst öffentlich das Wort 
ergriffen. An diesen bin ich nur durch den Nachrichtendienst mittelbar be- 
teiligt gewesen. Unmittelbar betraf mein Arbeitsgebiet die Wirkung, die 
der militärische Verlauf des Krieges in der Volksstimmung auslöste, und 
die Rolle, welche die militärischen Führer in der Volksstimmung und 
im Vertrauen des Volkes auf einen glücklichen Ausgang des Krieges 
spielten. 
Die Ansicht, die Marne-Schlacht habe den Verlust des Krieges be- 
deutet, ist eine nachträgliche. Im September 1914 wurde sie nirgends ge- 
teilt. Überkluge, die jetzt behaupten, sie schon damals gehabt zu haben, 
haben sie jedenfalls nicht vertreten. Daran, der MarnecSchlacht wegen 
etwa den Kampf aufzugeben, dachte niemand. Dadurch, daß wir im 
Westen zunächst auf die Verteidigung zurückgeworfen waren, hatte der 
Krieg ein anderes Gesicht erhalten, als vielleicht erwartet war. Jedenfalls 
hatten wir uns auf einen zähen und langen Kampf einzustellen. In dieser 
Lage fiel die militärische Führung an den General v. Falkenhayn. Mir 
zu allererst wurde die Gegnerschaft bekannt, die gegen ihn in der Heimat 
bestand und genährt wurde. Vom Standpunkt der in meinen Aufgaben- 
kreis eingeschlossenen Sorge für die Volksstimmung war es auf das 
schwerste zu bedauern, daß der obersten militärischen Führung nicht das- 
jenige Vertrauen geschenkt wurde, das sie zur Bewältigung ihrer Aufgabe 
brauchte. Bei uns hatte die militärische Führung durch das Verzichten der 
politischen von Anfang an eine ganz andere Bedeutung als beim Feind. 
Ob dies vorteilhaft war, ist die Frage. Eine Anderung und eine der feind- 
lichen an Kampfkraft gewachsene politische Führung herbeizuführen, waren 
die militärischen Führer selbst unausgesetzt bemüht. 
Die Gegnerschaft gegen den General v. Falkenhayn stand nicht im 
Einklang zu dem Vertrauen, mit dem der Generalstab sich seiner Führer- 
schaft unterordnete, die er mit vorbildlicher Hingabe und Leistungsfähigkeit 
übernahm. Er wurde von allen seinen Mitarbeitern als genialer Führer 
anerkannt. Der politischen Reichsleitung gegenüber mußte er schon das 
Erbe einer gewissen Kampfstellung übernehmen. Die Parteien hatten ihm 
sein Auftreten in der Zabern-Angelegenheit nicht vergessen. Der Masse 
des Heeres und Volkes war er im allgemeinen unbekannt. Die kriegerischen 
Ereignisse an der Westfront waren nicht geeignet, ihm Volkstümlichkeit zu
	        
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