Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Die Oberste Heeresleitung. 207 
  
  
verschaffen. Dagegen richteten die im Osten den Blick des Volkes immer 
mehr auf Hindenburg und Ludendorff. 
Ohne Vertrauen in die Führung waren die Schwierigkeiten, die sich 
vor der Kriegführung auftürmten, nicht zu bewältigen. Kein Führer kann 
des Vertrauens der von ihm Geführten entbehren. Dieser Zustand 
herrschte aber bei uns auf politischem wie militärischem Gebiet. Es war 
sehr schwer, diesem der Kriegführung abträglichen Zustand entgegenzu- 
arbeiten. Wie die Dinge lagen, war bei jeder Maßnahme mit dem äußer- 
sten Mißtrauen zu rechnen, die nach einer Stimmungsmache für die Oberste 
Heeresleitung aussehen konnte. An Vorschlägen und Anerbieten fehlte es nicht. 
Sie wurden aber in voller Übereinstimmung mit der Willensmeinung des 
Generals v. Falkenhayn abgelehnt. Die Tätigkeit, die das Kriegspresse- 
amt in dieser Richtung auszuüben hatte, blieb rein auf die Abwehr irre- 
führender und verhetzender Gerüchte und Machenschaften, in denen zum 
ersten Male die Gegner der Kriegführung auftauchten, mit anderen 
Worten darauf beschränkt, das Ansehen der Obersten Heeresleitung vor der 
Offentlichkeit zu erhalten. 
Es war eine schwere Belastung für die Volksstimmung, deren Spuren 
sie nie ganz verloren hat, als das Vertrauen sich von der Obersten Heeres- 
leitung ab= und den Führern im Osten zuwandte. Wir hatten damit in 
schwerer entscheidender Zeit zu allen schon bestehenden Uneinigkeiten eine 
weitere zu überstehen. Die sachlichen Meinungsverschiedenheiten, die unter 
den verantwortlichen Leitern unseres Geschicks bestanden, wurden unter 
diesen Umständen von nachgeordneten Dienststellen und immer geschäftigen 
Zwischenträgern und unverantwortlichen Mitarbeitern zur Förderung 
ihrer eigenen Ziele ausgenutzt und, indem sie vom sachlichen auf das per- 
sönliche Gebiet gespielt wurden, zur gegenseitigen Verhetzung der leitenden 
Persönlichkeiten benutzt. 
Es lag innerhalb meiner Pflichten, diesen die Kriegführung schädigen- 
den Vorgängen entgegenzuarbeiten. Ich konnte das aus innerer Über- 
zeugung tun, weil ich in dem mir vorgesetzten Generalstabschef den Führer 
verehrte, der in selbstloser Hingabe sein Bestes für die Durchführung seiner 
Aufgabe einsetzte, und weil die gegen ihn in der offentlichkeit und unter 
der Hand verbreiteten meist persönlichen Gehässigkeiten gegenstandslos 
waren. General v. Falkenhayn billigte meine Versuche, nur mit Unglauben 
an ihren Erfolg. Er stand den gegen ihn stattfindenden und sich verschär- 
fenden Treibereien mit souveräner Verachtung gegenüber. Er lehnte jedes 
Einschreiten gegen bekannt werdende konkrete Vorfälle ab. Ich habe das 
vom Standpunkt meines Ressorts bedauert, weil damit die letzte und ein- 
zige Autorität, die tatsächlich im deutschen Volk noch Ansehen und Ver- 
trauen genoß, die der militärischen Führung, ungestraft erschüttert und
	        
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