14 Der Nachrichtendienst der Obersten Heeresleitung.
fassender Durchsicht, aus ihr zu erlangen. Dies war eine der wesent-
lichsten Aufgaben des Kriegspresseamts. Ihm fiel auch die Bericht-
erstattung über die feindliche und neutrale Presse im allgemeinen zu. Diese
gewann an Bedeutung durch Vergleich mit den übrigen Ergebnissen des
Nachrichtendienstes. Sie führte die an unsere Adresse gerichteten Machen-
schaften in der feindlichen und neutralen Presse auf die Tatsachen zurück
und nahm ihnen einen Teil der beabsichtigten schädlichen Wirkung.
Die Vielseitigkeit des Nachrichtendienstes der O. H. L. bekämpfte am
besten die vom Feinde planmäßig und großzügig betriebene Irreführung,
die besonders im geheimen Nachrichtendienst und in der Presse zutage trat.
Der Nachrichtendienst war in dieser Beziehung mit dem notwendigen Miß-
trauen durchsetzt. In allen seinen Zweigen stand die Forderung obenan,
daß die Quelle, aus der die Nachricht floß, zuverlässig, zum mindesten in
jedeem Falle nach dieser Richtung zu prüfen und vom Nachrichtenoffizier
bei Weitergabe der Meldung zu bewerten war. Deshalb waren auch Mit-
teilungen, die von anderer Seite mehrfach an die O. H. L. gelangten, nur
dann von Wert, wenn sie vollen Aufschluß über ihre Quelle gaben oder der
Übermittler als besonders urteilsfähig und unbefangen gelten konnte.
Nachrichten von Politikern oder Wirtschaftlern ausgesprochener Richtung
wurde eine der Urteilsfähigkeit entsprechende Bedeutung beigelegt, ihre
Unbefangenheit stand aber häufig in Frage.
Der Nachrichtendienst hatte nicht zu beweisen, sondern ohne vorgefaßte
Meinung festzustellen. Es war ein Vorzug des in sich abgeschlossen organi-
sierten Nachrichtendienstes der O. H. L., daß er an dem Ergebnis des Fest-
gestellten an sich völlig uninteressiert war, daß er nicht melden brauchte, was
man hören wollte, sondern daß es ihm an sich gleichgültig sein konnte, was
er meldete. Nur die Glaubwürdigkeit seiner Meldungen war für ihn maß-
gebend. An Versuchen, den Nachrichtendienst oder Teile desselben anderen
Stellen unterzuordnen, fehlte es nicht. Nicht in der Absicht einer Beein-
flussung, sondern in Verkennung der notwendigen Einheitlichkeit und Un-
abhängigkeit und in Unkenntnis seiner sonstigen Grundlagen. General
Ludendorff besonders wehrte diese dem Nachrichtendienst drohende Gefahr
tatkräftig ab.
Meldungen aus nicht genau bezeichneter Quelle boten ferner die Ge-
fahr, daß ihr gleichlautender Inhalt als Bestätigung aufgefaßt wurde,
während es sich tatsächlich um dieselbe, nur auf verschiedenem Wege ein-
laufende Meldung handelte.
Die in Deutschland tätigen Nachrichtenoffiziere waren Versuchen, be-
stimmten Bestrebungen den Weg zur O. H. L. zu öffnen, besonders aus-
gesetzt. Sie waren in dieser Richtung gewarnt und aufmerksam.