Die Oberste Heeresleitung. 217
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schlag war und so wenig greifbare Anhaltspunkte dafür gegeben werden
konnten, inwieweit die englische Heeresleitung tatsächlich dahinter stand,
willigte General Ludendorff doch ein, der Sache nachzugehen, und erklärte
seine grundsätzliche Bereitwilligkeit. Er machte nur die Bedingung, daß
seine Bereitwilligkeit nicht als Zeichen der Schwäche erscheinen dürfe. Die
Sache verlief aus mir unbekannten Gründen im Sande, der Vermittler
ließ nichts mehr von sich hören.
Das Bedenken, daß Friedensversuche als Zeichen unserer Schwäche
wirken und damit die Widerstandskraft des Feindes stärken könnten, be-
stand auch sonst.
Um die Stellung zu kennzeichnen, welche die O. H. L. öffentlich zu
Friedensversuchen einnahm, genügt es, die Weisung anzuführen, welche
der Chef des Kriegspresseamts zu unserem Friedensangebot im Dezember
1916 der Presse übermittelte. Es hieß darin: „Welche starken Kriegsmittel
uns für die Fortsetzung des Krieges verfügbar sind, ist dem Feind und der
feindlichen Presse völlig bekannt. Daß unsere Presse sich gerade jetzt
darüber ausspricht, ist also überflüssig, würde nur den Feinden eine Hand-
habe geben, unser Friedensangebot für unehrlich und seinen Zweck nur
als Rechtfertigung des verschärften U-Bootkrieges zu erklären. Die nächste
Aufgabe der Presse ist, die Annahme des Friedensangebotes zu fördern.
Damit wird, falls das nicht gelingt, gleichzeitig für die Fortsetzung des
Krieges die beste Vorbedingung im eigenen Volk und bei den Neutralen
geschaffen.“
Die O. H. L. hatte allen Anlaß, bei jedem Friedensversuch mit der
Fortsetzung des Kampfes zu rechnen. Sie hatte daher die Pflicht, dafür
zu sorgen, daß die Kampfentschlossenheit von Volk und Heer nicht Schaden
litt. In der Heimat war dies Aufgabe der Regierung, beim Feldheer ihre
eigene. Infolgedessen begleitete der Allerhöchste Kriegsherr sein Friedens-
angebot an den Feind durch eine Order an das Heer, in der er ihm Mit-
teilung vom Friedensangebot machte und hinzufügte: „Ob das damit
verbundene Ziel erreicht wird, bleibt dahingestellt. Ihr habt mit Gottes
Hilfe dem Feinde standzuhalten und ihn zu schlagen.“ Und als Mitte
September 1918 das verbündete Österreich-Ungarn allen Kriegführenden
vorschlug, zur Herbeiführung des Friedens zu unverbindlichen Besprechun-
gen in einem neutralen Lande Vertreter zu entsenden, fügte der General-=
feldmarschall der Mitteilung an das Heer die Worte hinzu: „Die Bereit-
schaft zum Frieden widerspricht nicht dem Geist, in dem wir den Kampf
um unsere Heimat führen. Schon im Dezember 1916 hat der Kaiser, unser
Oberster Kriegsherr, mit seinen Verbündeten den Feinden den Frieden
angeboten. Mehrfach hat seitdem die deutsche Regierung ihre Bereitschaft
zum Frieden bekundet. Die Antwort aus dem feindlichen Lager war Spott