Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 23 
  
Nach Ausbruch des Krieges war es zunächst wichtig, den Ausbau 
des feindlichen Nachrichtendienstes zu überwachen. Es gelang, über 
den Aufbau, die Arbeitsweise und die Ziele des feindlichen Nachrichten- 
dienstes sowie über eine große Zahl der in und für ihn tätigen Persönlich- 
keiken während des Kriegsverlaufs umfassende Kenntnis zu erhalten. 
Ein Zusammenschluß trat zunächst nur in bezug auf das Er- 
gebnis der einzelnen Nachrichtendienste, eine Verschmelzung der Tä- 
tigkeit dagegen nur in gewissem Umfang in den neutralen Ländern 
und erst in der zweiten Kriegshälfte ein. Im übrigen hatte der 
deutsche Abwehrdienst mit völlig selbständigen Nachrichtendiensten Ruß- 
lands, Frankreichs, Englands, Belgiens und Amerikas zu rechnen. Der 
italienische Nachrichtendienst betätigte sich fast ausschließlich gegen Öster- 
reich. Nur in wenigen Fällen war er auch als gegen Deutschland gerichtet 
festzustellen. Daneben suchte er durch Deutschland Verbindung zu einem 
vorbereiteten Meldedienst in Holland. Der belgische Nachrichtendienst be- 
tätigte sich nicht in Deutschland, sondern ausschließlich in Belgien und durch 
Belgien gegen die Front in Nordfrankreich. 
Im Gegensatz zum deutschen erfuhr der Nachrichtendienst sämtlicher 
Feindstaaten auch im Kriege von vornherein die weitgehendste Unter- 
stützung aller auf ihn eingespielten Behörden, besonders im neutralen 
Ausland. Während auf deutscher Seite nach Erfüllung der ersten Auf- 
gaben, für die allein der Nachrichtendienst eingestellt war und die seine 
geringen Kräfte erschöpft hatten, der Generalstab allein an den fast völligen 
Neuaufbau eines Nachrichtendienstes heranging, entwickelte und verdichtete 
sich das um und über Deutschland gelegte Nachrichtennetz, von der ge- 
samten feindlichen Staatsorganisation tatkräftig unterstützt, mit schnellen 
Schritten. 
In der Schweiz dehnte sich besonders der französische Nachrichtendienst 
aus. Obgleich eine strenge Gesetzgebung seiner Entfaltung hinderlich 
war, fand er in der Westschweiz weitgehende Unterstützung bei Be- 
hörden und beim Volk. Zwar mußte der Leiter, der französische Militär= 
attaché, der sich zu weit vorgewagt hatte, die Schweiz vorübergehend ver- 
lassen, und der schwer kompromittierte Generalkonsul in Genf wurde aus- 
gewiesen. Aber an der Tätigkeit der amtlichen Vertretungen änderte sich 
dadurch nichts. Auch die Konsulate in Bern, Lausanne, Zürich und Basel 
waren unausgesetzt tätig. Sie alle unterhielten eigene Nachrichtenorgani- 
sationen und übernahmen außerdem die Vermittlung und Sicherung für 
die Agenten der an der französischen Grenze, besonders in Annemasse, 
Evian und Pontarlier, befindlichen Nachrichtenstellen des französischen 
Generalstabes. Bereits in den ersten drei Kriegsjahren waren 14 selbstän- 
dige Organisationen des französischen Nachrichtendienstes festgestellt und
	        
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