24 Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr.
unschädlich gemacht. Außer diesen bestand noch eine ganze Anzahl anderer,
bei denen es nicht gelang, das Beweismaterial für die Gerichte in aus-
reichendem Umfange zu beschaffen.
Englands Nachrichtendienst betrieb von der Schweiz aus hauptsächlich
Handelsspionage und politische Propaganda. Er lag deshalb ausschließlich
in den Händen der Gesandtschaft und der Konsulate.
Rußland verlor schon zu Kriegsbeginn in der Person des stark kom-
promittierten Militärattachés Gurkow die leitende Persönlichkeit seines
Nachrichtendienstes in der Schweiz. Sein Nachfolger Golowane unter-
hielt zwar auch noch eine ganze Reihe von Agenten in Deutschland. In
der Hauptsache scheint sich aber der russische Nachrichtendienst in der Schweiz
in den französischen Nachrichtendienst eingegliedert zu haben. Agenten
wußten oft nicht, ob sie in russischem oder französischem Solde handelten.
Amerika schuf sich in der Schweiz schon vor Eintritt in den Krieg
einen stark ausgebauten Nachrichtendienst mit vorwiegend politischen
Zielen. Späterhin verzichtete der amerikanische Oberbefehlshaber in
Frankreich aber auch nicht auf einen eigenen militärischen Erkundungsdienst
gegen Deutschland, der dem Militärattaché unterstand und durch die Kon-
sulate, besonders in Bern und Zürich, unterstützt wurde.
In Holland übernahmen der englische und der belgische Nachrichten-
dienst die Führung. Ersterer in der gegen Deutschland, letzterer in der
gegen Belgien und durch Belgien gegen die Front gerichteten Spionage.
Der aus Belgien nach Holland verdrängte französische Friedensnachrichten-=
dienst gliederte sich ein, besonders in den belgischen Dienst. In Holland
waren bald mehr als 20 feindliche Spionagebureaus einwandfrei fest-
gestellt. Daneben wurde die Ausfragung deutscher Fahnenflüchtiger, be-
sonders an den Grenzen, aber auch sonst eine Ausfragung über Deutschland
in der Vollendung durchgeführt. Die Leitung lag vornehmlich in fran-
zösischer sand. Im übrigen wurde der belgisch-französische Nachrichten-
dienst gegen Deutschland aus Holland vom englischen weit übertroffen.
Dieser richtete sich nach Westen nur gegen die flandrische Küste, mit den
Hauptkräften aber nach Deutschland hinein gegen die deutsche Marine, die
deutschen Häfen, die Nordseeinseln, gegen die Truppenverteilung an den
Grenzen Hollands und Dänemarks und an den Küsten. Im Innern
Deutschlands zeigte er besonderes Interesse für Flugwesen und Luftschiff-
bau sowie für die Stimmung in Heer und Marine. Auch Amerika tauchte
mit einem eigenen Nachrichtendienst in Amsterdam und Rotterdam auf.
Die nordischen Staaten spielten für den russischen Nachrichtendienst
die Hauptrolle. Schweden, welches selbst jahrelang vor dem Kriege Objekt
des russischen Nachrichtendienstes gewesen war und durch ihn im Kriege
bedroht blieb, verstand es erfolgreich, sich zu wehren, und behinderte damit