Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

30 Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 
  
  
  
immer schärfer hervor. Gleichzeitig wurde die Rückwirkung auf das 
deutsche Heer gesteigert und beschleunigt durch eine über die Front mit 
denselben Zielen einsetzende Propaganda echt amerikanischer Art. 
  
Das militärische Geheimnis, das zu schützen war, zeigte im Kriege 
eine wesentlich andere Gestalt als im Frieden. Es wurde auf wirtschaft- 
liches und politisches Gebiet erweitert. Mit dem wirtschaftlichen und po- 
litischen Nachrichtendienst und seinen Folgen, der Sabotage, dem Wirt- 
schaftskrieg und der Propaganda, zielte der Feind auf das innerste Ge- 
heimnis unserer militärischen Kraft, auf die Kraft unseres Volkes. 
Ein tatsächliches Geheimnis gab es im Kriege nicht. Der Krieg ist 
nicht unter Ausschluß der Offentlichkeit zu führen. Im Frieden war das 
militärische Geheimnis fest umrissen und ruhte in den Köpfen einzelner 
oder wohlverwahrt unter sicherem Verschluß. Mit dem Kriege werden 
sie hervorgeholt, der Krieg spielt sich vor den Augen vieler in 
breitester Offentlichkeit ab, das ganze Volk hat an seinen Geheimnissen 
Anteil. Auch die geheimsten und zunächst auf wenige Mitwisser be- 
schränkten Entschließungen treten bald an das Licht der ÖOffentlichkeit und 
reifen unter schneller Zunahme ihrer öffentlichen Erscheinungsformen mehr 
oder weniger langsam zur Tat. « 
Die Geheimhaltung militärischer Entschließungen war dabei für 
Deutschland von ausschlaggebender Bedeutung. An Zahl dem Gegner 
unterlegen, mußte es immer dort stark genug sein, wo der Gegner ihm 
eine Waffenentscheidung aufzwang, und dort überlegen, wo es selbst zum 
Schlage ausholte. Beides war ohne einen erfolgreichen Nachrichtendienst 
und eine erfolgreiche Abwehr des feindlichen Nachrichtendienstes nicht mög- 
lich. Truppenverschiebungen, auf die es für die großen Entscheidungen 
hauptsächlich ankam, spielten sich für den Feind in einem verhältnismäßig 
schmalen, leicht abzusperrenden Streifen hinter seiner Front ab. Auf deut- 
scher Seite trat der Truppentransport an die verschiedenen Fronten stets, 
auch in der Heimat, oft auch im Gebiet der Verbündeten, an die Offentlich- 
keit. So konnte sich Deutschland nicht mit der Sicherung im Operations= 
gebiet begnügen. Das gesamte, von den deutschen Fronten umspannte 
Gebiet war Kampffeld gegen den feindlichen Nachrichtendienst. 
Die Länge des Krieges brachte keine Entlastung. Der oft gehörte 
Einwand, der Feind wisse dies oder jenes doch längst, war falsch. Zwar 
mochte er wissen, daß es so gewesen war, er wußte aber nicht, ob es noch 
so war. Das militärische Geheimnis erneuerte sich auf allen Gebieten 
dauernd. 
Die Dauer des Krieges vergrößerte den Umfang des Geheimzuhalten- 
den. Es gab fast nichts an Vorgängen auf militärischem, wirtschaftlichem
	        
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