Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 35
gegeben, der gegen Holland wesentlich eingeschränkt werden. Der Abschluß
gegen Holland wurde durch einen elektrisch geladenen Grenzzaun versucht.
Aber auch er wurde in zahlreichen Fällen von den Organen des feindlichen
Nachrichtendienstes durchbrochen. Es zeigte sich, daß eine Landgrenze
mit keinen Mitteln hermetisch abzuschließen ist. So spielte sich der Kampf
gegen den feindlichen Nachrichtendienst in Belgien, der die größte Gefahr
für unsere Westfront war, vor allem in Belgien ab.
In den besetzten Gebieten des Ostens forderten andere Raum= und
Verkehrsverhältnisse andere Maßnahmen. Dort war noch immer mit dem
Durchdringen von Erkundern durch die Front gegen Deutschland zu rechnen.
Das Operationsgebiet wurde deshalb nach rückwärts durch eine Sperrlinie
abgeschlossen, die an der Warthe begann und an der Weichsel, dem Narew
und Njemen weiterlaufend, als Flußbarriere, eine Überwachung des ge-
samten Verkehrs ermöglichte und bei Memel die Ostsee erreichte. Daneben
mußte besonders die Überwachung der Eisenbahnen durch die Zentral-
polizeistellen und die des Brief= und Telegrammverkehrs, der in den
besetzten Ostgebieten in größerem Umfang zugelassen war als im
Westen, den Schutz des militärischen Geheimnisses gewährleisten. Im
übrigen legten die Raumverhältnisse des OÖstens jedem Nachrichtendienst
Steine in den Weg, indem sie die Meldungen veralten ließen und damit
wertlos machten. Hierin lag auf dem russischen Kriegsschauplatz der beste
Schutz des militärischen Geheimnisses.
In Deutschland bot der Ausbau der Spionageabwehr erhebliche
Schwierigkeiten. Der Generalstab, in dessen Hand die Leitung des
Kampfes gegen den Nachrichtendienst der Entente tatsächlich gelegen
hatte, und der mit Kriegsbeginn der Hauptinteressent an einer er-
folgreichen Spionageabwehr blieb, hatte keinerlei Befehlsgewalt. Diese
lag in den Händen der Militärbefehlshaber, vornehmlich der stell-
vertretenden kommandierenden Generale, in Bayern in Händen des Kriegs-
ministeriums. Die übrigen Kriegsministerien, auch das preußische, besaßen
nur eine beschränkte Befehlsgewalt.
Durch den Übergang der vollziehenden Gewalt auf die Militärbefehls-
haber fühlte die bis dahin in erster Linie verantwortliche Stelle, der
preußische Minister des Innern, sich in ihrer Verantwortung entlastet und
tat nichts, den Anforderungen des Krieges zu entsprechen. Den stellver-
tretenden kommandierenden Generalen lagen andere Aufgaben zunächst
näher. Nirgends fühlten bestimmte Stellen, sondern nur an einzelnen
Stellen einzelne Personen sich amtlich verpflichtet. Mit der Häußfigkeit, in
der in der ersten Kriegszeit die Persönlichkeiten wechselten, verschob sich auch
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