Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

36 Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 
  
diese schwache Grundlage des Abwehrdienstes dauernd, und nicht zum 
Besseren. 
Die für die Spionagebekämpfung im Frieden ausgebildeten Zentral- 
polizeistellen der Bundesstaaten waren in ihrem schwachen Beamtenbestand 
durch die Abgaben an die geheime Feldpolizei erheblich geschwächt worden. 
Der Kriegsausbruch brachte somit anstatt der notwendigen Verstärkung der 
Abwehr zunächst eine empfindliche Einschränkung und eine weitere Zer- 
splitterung. Waren schon im Frieden die bundesstaatlichen Polizeigrenzen 
störend gewesen, so wurden es jetzt in viel höherem Maße die zum Teil 
ängstlich behüteten Grenzen der Korpsbezirke. 
Die Kriegsministerien sämtlicher Bundesstaaten zeigten von Anfang 
an für diese Verhältnisse volles Verständnis. Forderung und Führung 
überließen fie aber dem Generalstab. Bei diesem war die mit der Spionage- 
abwehr beauftragte Stelle, die stellvertretende III B, durch das Anschwellen 
der feindlichen Tätigkeit sofort nach Kriegsbeginn mit der Verfolgung von 
Einzelfällen derart in Anspruch genommen, daß ihren wenigen sachverstän- 
digen Offizieren zunächst keine Zeit blieb, sich über den eigenen erweiterten 
Arbeitskreis hinaus den allgemeinen Aufgaben zu widmen. 
Die Arbeit in den Einzelbezirken der Militärbefehlshaber, in vonein- 
ander abweichendem Umfang einsetzend, gewann inzwischen Form. Die 
Unkenntnis des feindlichen Nachrichtendienstes brachte dabei den besten 
Willen zu unzweckmäßigem Arbeiten. Dies fand im üÜbertreiben wie im 
Unterlassen seinen Ausdruck. Für die Bevölkerung drohte die Verschieden- 
heit der Anordnungen in den einzelnen Bezirken unerträglich zu werden. 
In vielen Verdachtsfällen blieb zunächst nichts anderes als Zugriff und 
Verhängung der Schutzhaft übrig. 
Die stellvertretende Abteilung III B stieß, als sie sich Ende 1914 der 
Aufgabe zuwandte, die notwendigen Anordnungen in Übereinstimmung zu 
bringen und in die richtigen Bahnen zu leiten, auf den Widerstand einer 
inzwischen schon festgewachsenen Organisation bei den Militärbefehlshabern. 
Von der Mehrzahl der Stellen wurde sofort der richtige Standpunkt ein- 
genommen, die Sachverständigkeit des Generalstabes anzuerkennen, sich 
seinen Ratschlägen und Forderungen unterzuordnen, ohne sich damit der 
Rechte der Kommandogewalt zu begeben oder den Pflichten der Durch- 
führung zu entziehen. Bei einzelnen Stellen in Preußen aber machte erst 
die Einsetzung des Kriegsministers als Militäroberbefehlshaber im letzten 
Teil des Krieges dem Kampf gegen Militärbehörden ein Ende. 
Auch bei den Reichs= und Staatsbehörden fanden die Forderungen des 
Generalstabs oft Widerstand, der in langwierigen Verhandlungen über- 
wunden werden mußte. Der Abwehrdienst griff in fast alle Gebiete des 
öffentlichen Lebens ein. Die Rückwirkung auf diese wurde bei allen For-
	        
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