40 Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr.
den Umfang der einzelnen Nachrichtendienste wie für ihre Betätigungs-
möglichkeiten in den verschiedenen Ländern. Sie verfehlten ihren Eindruck
auch nicht bei den heimischen Behörden zur allmählichen Gegenarbeit. Da-
bei gaben sie aber nur einen Bruchteil der tatsächlichen feindlichen Spionage-
arbeit in Deutschland und lähmten nicht die außerhalb Deutschlands tätigen
Zweige des feindlichen Nachrichtendienstes. In geringem Umfange konnten
auch im neutralen Ausland Fälle den Gerichten zugeführt werden,
soweit sie gegen die Landesgesetze verstießen und ausreichend erwiesen
waren. In der Schweiz allein wurden in den ersten drei Kriegsjahren
145 Personen unschädlich gemacht. Im allgemeinen aber war der deutsche
Abwehrdienst außerhalb der Reichsgrenzen machtlos. Dem feindlichen
Nachrichtendienst im Ausland mußte deshalb das Wasser durch weitere
Maßnahmen in Deutschland abgegraben werden.
In erster Linie war hierzu die Überwachung des Post= und Tele-
grammverkehrs mit dem Ausland bestimmt. Bald nach Kriegsbeginn be-
gannen die zahlreichen, selbständig nebeneinander arbeitenden Über-
wachungsstellen, auch interessierte Behörden und Kreise, sich mit Anfragen
an den Generalstab zu wenden. Dieser gab dem Drängen nach einheitlicher
Leitung auch auf diesem Gebiet nach und schuf im Jahre 1915 bei III B
in Berlin eine Zentralstelle für die Post= und Telegrammüberwachung, der
im Jahre 1916 eine solche für die Erteilung von Pässen, die Paßzentrale,
folgte. Durch Herausgabe von Leitfäden wurde das Vorgehen der Einzel-
stellen auf diesen Gebieten einheitlich zu gestalten gesucht.
Grundsätzlich wurde der Auslandspost= und Telegrammverkehr über-
wacht, wobei der ins Ausland gehende bei der der Masse wegen nötigen
Staffelung bevorzugt wurde. Vertrauenswürdigen Absendern wurden be-
stimmt formulierte Erleichterungen zuteil. Der Inlandspostverkehr wurde
nur in befonders gefährdeten Gebieten überwacht. Der einzige, ins feind-
liche Ausland gehende Postverkehr, der an Kriegsgefangene und Inter-
nierte, unterlag besonders strenger überwachung. Der Feldpostverkehr in
Deutschland wurde nicht überwacht, der vom Feldheer nach Anordnung der
Armee-Oberkommandos. Soweit nicht Feldpost, wurde der Postverkehr in
und aus Belgien, Polen, Rumänien, den besetzten Gebieten des Ostens
und dem Etappengebiet im Westen restlos überwacht. Die Prüfung mußte
sich nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Verwendung von Ge-
heimschrift und Geheimtinte erstrecken.
Der Telegrammverkehr mit dem feindlichen Ausland war völlig unter-
brochen. Zum neutralen Ausland lief er über Auswechslungsanstalten, die
verantwortlich waren, daß die Weitergabe nicht den Interessen der Krieg-
führung in weitestem Sinne schädlich war.