Der Nachrichtendienst der Entente und die deutsche Abwehr. 45
und Bulgariens nach deutschen Grundsätzen und hatte den erstrebten Er-
folg. Auf den türkischen Kriegsschauplätzen lag die Aufgabe der Abwehr
allein in den Händen der deutschen Nachrichtenoffiziere und ihres Organs,
der geheimen Feldpolizei.
Die Anforderung von Beamten für die vielfachen Aufgaben der Ab-
wehr stieg dauernd. Die Möglichkeit, sie zu befriedigen, war bei mili-
tärischen Stellen größer als bei zivilen. Auch dies ist ein Grund für das
allmähliche Übergleiten der Abwehr in militärische Hand. Dem planlosen
Anwachsen aber auch der militärischen Abwehrorganisation steuerte die
O. H. L. Wenn auf einem Gebiet nicht die Zahl, sondern das Wissen und
Können der Beamten entscheidend war, so auf dem der Abwehr. Sollten
die vielfachen Aufgaben einheitlich durchgeführt werden, so konnte dies nur
bei straffster Organisation und zweckmäßiger Arbeitsteilung geschehen. Als
der Beamtenbedarf der Heimat stieg, wurden trotz der wachsenden Auf-
gaben auch der geheimen Feldpolizei Abgaben an die Heimat durchgeführt.
Tüchtigkeit mußte die Zahl wie bei der Truppe, so auch bei der Feldpolizei
ersetzen. Ein Wechsel war im übrigen der erworbenen Sonderkenntnisse
der Beamten wegen zu vermeiden. An die Leistungsfähigkeit aller in der
Abwehr Tätigen wurden damit ganz außerordentlich hohe Anforderungen
gestellt. Die notwendige Höchstleistung ließ sich bei der Länge des Krieges
ohne die Gefahr der Überspannung und des schließlichen Versagens nicht
immer aufrechterhalten. Sämtliche Maßnahmen zum Schutze des mili-
tärischen Geheimnisses wurden daher in ruhigen Zeiten nachgelassen. In
Zeiten wichtiger Vorgänge und vor ihnen wurden sie aber aufs äußerste
angespannt. Neben völlige Grenzsperre und Unterbrechung des Brief= und
Telegrammverkehrs trat dann die erhöhte Tätigkeit aller Abwehrorgane.
Auf den Kriegsschauplätzen wurden in solchen Zeiten die Schutzmaßnahmen
auch örtlich verdichtet. Das Gebiet, in dem die Operation sich vorbereitete,
wurde besonders gesichert. Als dritte außerordentliche Maßregel fand
dann eine planmäßige Irreführung des feindlichen Nachrichtendienstes
statt. Von ihm wurde unter Umständen auch die ÖOffentlichkeit in der
Heimat betroffen, aus der der Feind seine Nachrichten zog. Diese Irre-
führung beschränkte sich streng auf das Wie, Wann und Wo operativer
Vorgänge. Eine Irreführung der öffentlichen Meinung, wie sie in bezug
auf die allgemeine Kriegslage behauptet wird, darf daraus nicht abgeleitet
werden. Jede Irreführung, auch die des Feindes, ist eine große Gefahr.
Sie entzieht der Entwicklung der Ereignisse den sicheren Boden kontrollier=
barer und vorauszuberechnender Tatsachen. Die Neigung, die Kriegführung
durch eine Irreführung des Feindes zu unterstützen, trat vielfach hervor.
Mit der Behauptung, dem Feinde in guter Absicht falsche Nachrichten ge-
geben zu haben, suchte sich mancher ergriffene Agent des feindlichen Nach-