Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 55 
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zelnen Heeresberichte der Gegner also auf Einzelheiten eingehen, den 
Kampf um einzelne Gehöfte, Waldstücke und Höhen in ihrem Sinne ver- 
werten konnten, mußte der deutsche sich auf das Allgemeine und das 
Gesamtergebnis beschränken. Dies verlieh den feindlichen Heeres- 
berichten oft starke propagandistische Wirkung und erweckte den Eindruck 
des Verschweigens auf unserer Seite. Konnten wir auf Einzelheiten ein- 
gehen, so war es selbstverständlich, daß der verfügbare Raum den berech- 
tigten Anspruch der Truppen befriedigte, ihre Heldentaten erwähnt zu 
finden. Dadurch entstand, als der Hang zur Kritik in der Heimat sich 
mehrte, leicht der Eindruck einseitiger Übertreibung. Es sei noch darauf 
hingewiesen, daß eine falsche Darstellung schon aus dem Grunde unmöglich 
war, weil die beteiligten Truppen den Heeresbericht erhielten. Irrtümer 
in der ersten Meldung von vorn über den Verlauf der Kämpfe sind vor- 
gekommen und in den Heeresbericht übernommen. Sie ausdrücklich nach- 
träglich festzustellen, war unnötig, da die weiteren Berichte sie von 
selbst erkennen ließen. In vielen Fällen konnte aus Rücksicht auf den 
Feind zu Vorgängen, die seine Berichte schon brachten, noch nichts gesagt 
werden. Über verlorene Gefangene, Geschütze und anderes Ungünstiges 
brauchte der deutsche Heeresbericht so lange nichts zu enthalten, als die Ver- 
öffentlichung der feindlichen Heeresberichte in der deutschen Presse zu- 
gelassen war. Daß wir den eng bemessenen Raum auf die Erfolge der 
deutschen Waffen verwandten, war um so mehr geboten, als der Gegner 
seine Erfolge in einer Weise hervorhob, die dem endgültigen Ausgang aller 
Kämpfe nicht entsprach. 
Hatte die Abteilung III B auf die Aufstellung der Heeresberichte auch 
keinen unmittelbaren Einfluß, so war der Abteilungschef doch verpflichtet, 
vor ihrer Weitergabe die Wirkung auf Heer und Heimat zu prüfen. Vor- 
schläge fanden stets Berücksichtigung. 
Die Zulassung der feindlichen Heeresberichte von Anfang an bezweckte 
nichts anderes als völlige Offenheit in der Berichterstattung. Als ihre auf 
eine Zermürbung der deutschen Kampfkraft zielende Tendenz in immer 
stärkerem Umfang hervortrat, wurden Gegenmaßregeln erwogen. Ein 
Verbot hätte das in der Heimat im Zusammenhang mit anderen Vor- 
gängen genährte Mißtrauen vergrößert, ohne den feindlichen Berichten 
den Weg nach Deutschland zu versperren, solange nicht auch neutrale Zei- 
tungen verboten waren. Sie selbständig wegzulassen, konnten die einzelnen 
Zeitungen sich aus Rücksicht auf andere Blätter nicht entschließen. Für 
eine Kürzung lag auch bei der Presse der Raumersparnis wegen Neigung 
vor. Sie hätte aber schwerlich in der Streichung der feindlichen 
Übertreibungen bestehen können, ohne das Mißtrauen besonders anzu- 
regen. Eine Kürzung mußte also zu einer Beschränkung auf eben das
	        
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