Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 73
außerordentliche allgemeine Bildung und politische Begabung ohne partei-
politische Gebundenheit. Er fand deshalb von allen Seiten Vertrauen,
voran von der O. H. L., die ihn nach besten Kräften unterstützte, und auch
von der politischen Reichsleitung, die widerspruchslos die Entwicklung sich
vollziehen sah. Auf ihre Mitarbeit in allen sie vorwiegend angehenden
Angelegenheiten konnte nicht verzichtet werden. Der Offentlichkeit gegen-
über und in der Tat wurde aber der Pressedienst der O. H. L. der eigent-
lich und einzige Handelnde.
In der Entwicklung des Pressedienstes der O. H. L. in der Heimat
spielte das Technische eine gewisse, aber doch nicht eine so ausschlag-
gebende Rolle, daß die Leitung besser den Händen eines Fachmannes an-
vertraut worden wäre. Die Aufgabe des Leiters war mehr die eines Ver-
trauensmannes zwischen den Behörden und der Presse zwecks Vertretung
der militärischen Interessen. Für eine solche Aufgabe kam ein Journalist
nicht in Frage. Als der Pressedienst der O. H. L. mit der Oberzensur
belastet war, hätte ein journalistischer Mitarbeiter wohl Gutes wirken
können, hätte sich aber wohl kein Journalist angemessenen Grades bereit-
gefunden, diese Belastung persönlich und für seinen Lebensberuf zu tragen,
ebensowenig wie er, wenn er politischen Charakter besaß, diejenige Un-
parteilichkeit aufgebracht hätte, die von den bei der Oberzenfur tätigen
Offizieren verlangt werden mußte. Der Generalstab war auch auf persön-
lichem Gebiet auf eigene Füße gestellt.
Die Belastung mit der Oberzensur trat sehr bald ein. Das Belage-
rungszustandsgesetz verlieh den Militärbefehlshabern das für die Durch-
führung der Zenfur notwendige Recht der vollziehenden Gewalt. Damit
lag die Ausführung der Zensur bei den stellvertretenden Generalkomman-
dos, den Festungsgouvernements, in Berlin beim Oberbefehlshaber in den
Marken. In Bayern waren die gesetzlichen Grundlagen anders. Hier
lag die vollziehende Gewalt in erster Linie beim Kriegsministerium. Das,
was diese Zensurbehörden von der Veröffentlichung ausschließen sollten,
gab ihnen ein bei der Mobilmachung ausgegebenes Merkblatt für die
Presse an. Die allgemeinen Gesichtspunkte in diesem ließen im
Einzelfall eine verschiedene Auslegung zu. Sie umfaßten auch nicht die
durch den Verlauf der Ereignisse eintretenden Aufgaben für die Zensur.
Diese mußten von der O. H. L. durch die Presseabteilung des stellvertreten-
den Generalstabes erteilt werden. Rückfragen wurden nötig und Aus-
legung der Gesichtspunkte des Merkblattes gefordert. So spielte die
Presseabteilung des stellvertretenden Generalstabes im Dienstbetrieb der
Presseabteilungen bei den einzelnen Militärbefehlshabern bald die Rolle
des Sachverständigen. Dies um so mehr, als die Zensur an allen Stellen
sich erst einarbeitete. Dies Einarbeiten ging nicht ohne Reibungen für die