Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 75 
  
  
den Behörden werden, die sich entweder nicht dauernd oder nur vom 
Standpunkt ihres Ressorts mit den Fragen der Zensur beschäftigten. Die 
Einheitlichkeit der Zensur dagegen war bei fast allen Einzelfällen herzu- 
stellen. Sie führte stets an die Grenze der Zuständigkeit der Militär- 
befehlshaber heran. Mangels einer mit Befehlsgewalt ausgestatteten Zen- 
tralstelle konnte die stillschweigend anerkannte Autorität der O. H. L., welche 
die Oberzensurstelle vertrat, in vielen Fällen den Ausgleich herbeiführen. 
Die Militärbefehlshaber waren aber durchaus nicht immer geneigt, ihre 
Verantwortlichkeit den Auffassungen der Oberzensurstelle unterzuordnen. 
Bayern ging auf dem Gebiet der Presseaufsicht sehr bald seine eigenen 
Wege und achtete die Auffassungen der preußischen Dienststelle nur, wenn sie 
mit den eigenen durchaus übereinstimmten. In Deutschland wurde von sehr 
vielen Stellen Pressetaktik, aber von keiner Stelle Pressestrategie getrieben. 
Die H. H. L. stand auf dem Standpunkt, daß für beides die Zenfur 
nur Hilfsmittel sein dürfe. Eine Führung der öffentlichen Meinung er- 
wartete sie nur durch weitgehende Aufklärung und freiwillige Mitarbeit 
der Presse. Auf militärischem Gebiet hielt die vom Major Deutelmoser 
geleitete Auskunftserteilung an die Presse Schritt mit der Ausdehnung der 
durch die Zensur berührten Fragen. Schwierigkeiten in der rein mili- 
tärischen Zensur sind daher von Anfang an weder bei der Presse noch den 
Aufsichtsbehörden hervorgetreten. Sehr bald tauchten aber auch Fragen der 
äußeren und inneren Politik und der Kriegswirtschaft auf, an denen die 
Presseaufsicht nicht vorübergehen konnte. Die notwendige Aufklärung 
suchte die O. H. L. der Presse auch hierin zu verschaffen, sie selbst zu geben 
war sie außerstande. Die Meinungen standen auf diesem Gebiet sich scharf 
gegenüber. Eine Allerhöchste, vom Kriegsminister gegengezeichnete Kabi- 
nettsorder an die Militärbefehlshaber vom 4. August 1915 kennzeichnete 
die Lage nach Ablauf des ersten Kriegsjahres dahin, daß die ungleich- 
mäßige Handhabung der Presseaufsicht, besonders auf den weiten Gebieten, 
wo sich militärische und politische Dinge eng berühren, zu berechtigten 
Klagen geführt hätten. Den Zensurbehörden wurde zur Pflicht gemacht, in 
höherem Maße als bisher den Absichten und Wünschen der für die Krieg- 
führung sowie für die innere und äußere Politik verantwortlichen Zentral- 
behörden sich anzupassen und, unbeschadet ihrer persönlichen Verantwort- 
lichkeit, mit Rachdruck auf die sorgfältige Beachtung der Richtlinien hin- 
zuwirken, die von den Zentralbehörden durch Vermittlung der Oberzensur- 
stelle ihnen zugehen würden. Das Kriegsministerium wurde beauftragt, 
den Ausbau der Oberzensurstelle im Einvernehmen mit dem Chef des 
Generalstabs des Feldheeres zu veranlassen. 
In dieser Order sind die zukünftigen Aufgaben der Oberzensurstelle 
genau gezeichnet. In Verfolg dieser Order trat die Presseabteilung im
	        
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