Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 81
und einzelnen, öffentlich tätigen Persönlichkeiten. Besonderen Wert legte
sie darauf, der Presse die im Ausland herrschenden Auffassungen zum Be—
wußtsein zu bringen und auch die Wirkung festzustellen, die das Verhalten
der deutschen Presse in der ausländischen auslöste. Das wertvolle Material
der „Nachrichten der Auslandspresse“ wanderte als solches leider häufiger
unzerschnitten in die Archive der Zeitungen, als daß es als Kampfmittel
gegen die Auslandspresse zur Verwendung kam.
Die Zensur muß im Zusammenhang betrachtet werden. Eine ein-
zelne Zensuranordnung kann nur unter Würdigung der Zeitumstände und
bei Kenntnis der für sie vorliegenden Beweggründe beurteilt werden. Das
Verfahren, mit einzelnen Verfügungen Fehler der Zensur nachweisen zu
wollen, ist einseitig. Sicherlich ist jede Zensur vom Übel. Sie ist aber bei
schwerer Lage des Landes ein notwendiges Übel. Gerecht und streng, mit
einem Wort, richtig gehandhabt wird sie zum Nutzen.
In dieser Richtung zu wirken, war der Oberzensurstelle übertragen.
Hier ist zunächst nur darzustellen, was in dieser Richtung geschah. Es ist
schon ausgeführt, daß die O. H. L. darüber wachte, daß die Zensur nicht
auf rein politische Fragen ausgedehnt wurde, daß sie in Fällen, wo dies
nach Ansicht der O. H. L. geschah, zum mindesten nicht im Namen der
O. H. L. ausgeführt wurde. Die Grenze war nicht immer klar zu erkennen.
Das Ausland kannte diese Unklarheit nicht. In den neutralen Ländern
bestand keine Zensur, wohl aber eine ständige Zusammenarbeit der Re-
gierungen mit der Presse und eine sehr gute Pressedisziplin. Nur die
Schweiz sah sich veranlaßt, im Juli 1915 die politische und militärische
Zenfur einzuführen. In Frankreich und England gab es eine politische
Zensur. In Rußland dem Namen nach nicht. Dafür war die Grenze der
militärischen Zensur sehr weit gezogen.
Den Umfang, in dem bei uns die politische Zensur zulässig und
notwendig war, konnte letzten Endes nicht die Oberzensurstelle fest-
stellen. Über die rein militärische Zensur bestand nirgends ein Zweifel.
Sie wurde bis auf einzelne Ausnahmefälle verständnisvoll angeordnet,
gehandhabt und von der Presse hingenommen. Auf diesem Gebiet hatte die
Oberzensurstelle begrenzte Selbständigkeit. In wichtigen Fällen war bei
der O. H. L. anzufragen. Nur Weisungen, die von der O. H. L. ausgingen
oder von ihr gebilligt waren, durften unter ihrem Namen, die übrigen
hatten unter dem Namen der Oberzensurstelle zu ergehen. Von sämtlichen
militärischen Zensuranordnungen war der O. H. L. Kenntnis zu geben. Die
Beteiligung anderer interessierter Behörden hatte die Oberzensurstelle vor
Erlaß militärischer Zensuranordnungen herbeizuführen. Die Entscheidung
der O. H. L. war maßgebend und für die Zenfurbehörden bindend. Die
militärische Zensur lag somit in straffer Hand.
Nicolal, Rachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg. 6