Full text: Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg.

82 Der Pressedienst der Obersten Heeresleitung. 
  
Eine solche fehlte für die Zensur in nicht rein militärischen Fragen. 
Weisungen in dieser Richtung für die Zensurbehörden erhielt die Ober- 
zensurstelle aus der Hand der zuständigen und verantwortlichen Behörden 
und hatte sie nur weiterzugeben. Schienen sie ihr aus militärischen 
Gründen bedenklich, so mußte sie die Zustimmung der O. H. L. einholen. 
Die Verantwortung übernahm diese damit nicht. Das führte zu unhalt- 
baren Lagen, wenn die Anordnungen auch politisch vertreten werden mußten, 
wozu die Zensur nicht in der Lage und nicht berufen war. Schon im 
Mai 1916 erhielt der Chef des Kriegspresseamts folgende Weisung: „Presse 
und Parlament arbeiten darauf hin, die Zenfur über politische Dinge den 
Militärbehörden zu entrücken und den Zivilbehörden unter Verantwort- 
lichkeit des Reichskanzlers zu unterstellen. Dies kann ohne Anderung der 
für die Kommandogewalt der Befehlshaber geltenden staatsrechtlichen 
Grundlagen nicht geschehen. Sollten die maßgebenden Stellen einer solchen 
Anderung zustimmen, so können wir die Abgabe der politischen Zensur nur 
mit Freuden begrüßen unter dem Vorbehalt, daß dann auch tatsächlich 
die militärischen Zensurstellen von der politischen Zensur reinlich ge- 
schieden sind." 
Dieser Weg, der zur Klarheit hätte führen können, wurde nicht weiter 
beschritten. Die O. H. L. vertrat den Standpunkt, dann lieber auf eine 
politische Zersur ganz zu verzichten und, als die Behörden dies für un- 
möglich erklärten, sie den Militärbefehlshabern zu lassen, sie aber zur Aus- 
führung ausreichend anzuweisen. Daß dies auch in der Folge unterblieb, 
führte späterhin zu weiteren Zusammenstößen mit den politischen Be- 
hörden. 
Die Zensurdebatten in den Parlamenten bezogen sich weniger auf 
die militärische Zensur, als auf Versammlungsfreiheit, Schutzhaft, poli- 
tische Zensur, Regelung der Verantwortlichkeit, Zeitungsverbote. Sie be- 
schäftigten sich also nicht mit Fehlern bei der Zensur, sondern mit grund- 
sätzlichen Fragen oder solchen der Kommandogewalt, auf die beide die 
Oberzensurstelle ohne Einfluß war. Dabei unterließen es die Parteien 
nicht, einen politischen Einfluß von der Oberzensurstelle zu erwarten. 
Versuche, die Oberzensurstelle politisch einzuspannen, mehrten sich mit 
der Zuspitzung der politischen Fragen. Sie gingen von einer Ver- 
kennung der Aufgaben der Oberzensurstelle aus. Ihre Ablehnung zog dem 
Kriegspresseamt bei der jeweils betroffenen Partei den Vorwurf der Par- 
teilichkeit zu. Sie geschah aber grundsätzlich. 
Im Reich (Bayern ausgenommen, das sich von der durch die Errich- 
tung der Oberzensurstelle erstrebten Einheitlichkeit ausschloß) wurden die 
Zensureinrichtungen nachgeprüft. Die Leitung der Zensur war nach den 
Bezirken der Militärbefehlshaber abgegrenzt. Oberstes Organ waren die
	        
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