192 Dreizehntes Kapitel. Kirchenwesen.
Kirchenfonds genommen und, wenn dieser hinreichend
ausgestattet sein sollte, anderen gemeinnützigen
Zwecken und Anstalten gewidmet werden (Art. 38
der Verf.)®.
Dem Staate steht über alle Religionsgesellschaften
die Kirchenhoheit zu. Keine kirchliche Ver-
ordnung darf ohne Vorwissen des Landesherrn und
ohne seine Genehmigung erlassen und in Vollzug
gesetzt werden (Art. 30 der Verf). Der Staat wacht
über die Ausbildung, Berufung und Amtsführung
aller Geistlichen und anderer kirchlichen Beamten,
doch ohne in das Innere der Kirche weiter als zu
diesem Zwecke nötig ist, einzugreifen (Art. 31 der
Verf.).. Neue Erwerbungen an Grundstücken oder
Realgerechtigkeiten im Werte von mehr als 5000 M.
können Kirchen (und Stiftungen) nur mit Genehmigung
der Regierung machen (Art. 35 der Verf., Art. 86
des EG, zum BGB.)
9%. Für das Recht zu bestimmen, in welchem
religiösen Bekenntnis ein Kind zu er-
ziehen ist, sind mit gewissen Einschränkungen die
Vorschriften des BGB. über das Recht und die
Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, maß-
gebend; doch kann, wenn ein Kind aus der Volks-
schule entlassen ist oder das zur Entlassung er-
forderliche Lebensalter erreicht hat, ohne seine Zu-
stimmung eine Änderung des Religionsbekenntnisses
nicht mehr beschlossen werden. Soweit nicht zu-
lässigerweise eine andere Bestimmung getroffen wird,
3 Dasselbe gilt von der Dotation der Armen- und
Krankenhäuser, Spitäler und anderer Stiftungen, deren
Zweck entweder ganz wegfällt oder übermäßig versorgt ist.
Auf Privatstiftungen jedoch finden diese Bestim-
mungen keine Anwendung (Art. 18 5 Abs. 6 des AG. zum
BGB., vom 9. Aug. 1899 GS. 23, 333). Vgl. 860 d. W. S. 159.