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verkehrs (Errichtung von Leuchttürmen, Legung von Bojen usw.) nicht mehr
einen Anlaß zur Erhebung von Gebühren usw.
IV. Aus dem Grundsatz der Meeresfreiheit ergibt sich ferner, daß die
Hochseefischerei!) den Angehörigen aller Staaten freisteht. Modifikationen
der Ausübung des Fischereigewerbes auf hoher See können durch internationale
Verträge herbeigeführt werden. So vor allem zum Zwecke der Regulierung
der Fischerei in bestimmten Fischereirevieren und im Interesse der Aufrecht-
erhaltung der Ordnung bei der Ausübung des Gewerbes durch die Angehörigen
der kontrahierenden Staaten. Ferner ermöglicht die fortdauernde Subjektion
der Privatschiffe unter die heimatliche Staatsgewalt die legislative Ordnung
der Ausübung des Gewerbes durch die Schiffe der eigenen Staatsangehörigen.
Damit ist auch die Möglichkeit gegeben, durch internationales Abkommen auf
die Ausübung der Fischerei in gewissen Gebieten der offenen See zu verzichten
und den eigenen Staatsangehörigen die Fischerei in diesen Gebieten zu untersagen.
V. Mit der Anerkennung der Meeresfreiheit war die (vielfach vertrags-
mäßige) Regelung des Seezeremoniells?2) nunmehr auf der Basis gleicher Be-
rechtigung vorgezeichnet: kein Staat kann rechtlichen Anspruch auf
den ersten Gruß erheben. Die heute üblichen Seezeremonialakte sind
Akte internationaler Courtoisie — so insbesondere auch die Salutierung von
Kriegsschiffen fremder Nationalität durch Handelsschiffe. In einzelnen Kon-
ventionen wird übrigens auch auf derlei Courtoisieakte verzichtet.
$ 103. Vertragsrechtliche Modifikationen des Grundsatzes. I. Zum Zwecke
der Unterdrückung des Sklavenhandels zur See räumten sich die Mächte
in einer Reihe von Verträgen (vom 20. Dezember 1841, Berliner Generalakte
vom 26. Februar 1885, Brüsseler Generalakte vom 2. Juli 1890) gegenseitig
das Recht ein, durclhı ihre bevollmächtigten Kreuzer jedes Schiff, das einer
der kontrahierenden Nationen angehört, zu untersuchen und im Falle des
Transports von Sklaven die strafrechtliche Verfolgung herbeizuführen 3).
II. Dem Bedürfnisse einer polizeilichen Ordnung der Hochseefischerei
in der Nordsee dient der am 6. Mai 1882 im Haag zwischen den Ufer-
staaten der Nordsee abgeschlossene Vertrag. Die Befolgung der zum Schutze
ungestörter Ausübung der Fischerei durch die Angehörigen dieser Staaten
gegebenen Vorschriften wird durch die Kreuzer der kontrahierenden Staaten
überwacht; zu diesem Zwecke sind letztere ermächtigt, bei begründetem Ver-
dacht einer Übertretung der Vorschriften obigen Vertrages auch ihrer Nationalität
nicht angehörende Fischerfahrzeuge zu besuchen und zu durchsuchen. — Im
Zusammenhang mit diesen Verhandlungen standen die Erwägungen über
polizeiliche Vorkehrungen zum Zwecke der Einschränkung der
fahrenden Branntweinschenken (cabarets flottants, coopers, bumboots)
1) Bluntschli $ 307; Perels, Int. Seer. $ 20; Stoerk HH II, 504ff.; F. v. Martens,
I,$ 98; Gareis $62; v. Liszt $ 34; Bonfils p. 501sq.; Pradier-FodEr6 V.p. 2446 sq.; Rivier
Principes, 1, 243 sq.; Hall, Foreign Powers and Jurisdiction (1894) $ 107; David, La pöche
maritime au point de vue international (1897); Oppenheim I], $$ 281 sq.
2) Vgl. Perels Jntern. Seerecht 139ff.; Stoerk HH I, 459 ff.; Oppenheim I $ 257;
vgl. auch Binding, Hdb. d. Strafr. I, 401. 3) Näheres unten im 7. Buch.