— 77 —
Darum sagte Fürst Bismarck: „So geht die Sache nicht
weiter; daß jeder kranke, invalide und alte Arbeiter mit Weib
und Kindern hungern muß, das darf nicht sein.“ Er bat den
Kaiser, daß er Gesetze vorlegen dürfte, die da helfen sollten,
und Kaiser Wilhelm war damit einverstanden, obwohl solche
Gesetze ganz etwas neues waren und viele Leute sagten, über
solche Sachen dürfte man gar keine Gesetze machen, Arbeit
oder Hunger müßte jeder nehmen, wie es ihn grade träfe.
Kaiser Wilhelm aber richtete am 17. November 1881 eine
Botschaft an den Reichstag, in der er ankündigte, daß solche
Gesetze vorgelegt werden sollten. Und das ist denn auch ge-
schehen; jetzt bekommt jeder Arbeiter, der krank wird, Kranken-
geld, und den Arzt und die Arznei braucht er auch nicht
selber zu bezahlen; und wenn er zu alt oder zu schwächlich
wird zum Arbeiten, dann bekommt er eine Rente, d. h. es
wird ihm jeden Monat eine kleine Summe Geldes ausgezahlt,
damit er nicht ganz zu hungern braucht.
Diese Gesetze aber beim Reichstag durchzusetzen hat dem
Fürsten Bismarck Mühe genug gekostet, fast ebensoviel wie
früher die Heeresreform; und schließlich sind die Gesetze doch
ein bißchen schlechter ausgefallen, als er sie haben wollte.
Fürst Bismarck wollte, daß einfach das Reich die Renten be-
zahlen sollte; das Reich sollte es ebenso machen wie Österreich
und Frankreich und das Tabaksmonopol einführen, d. h. ein
Gesetz geben, daß in Deutschland aller Tabak nur vom Reiche
verkauft werden dürfte. Dann bekäme nämlich das Reich alles,
was am Tabak verdient wird, und davon hätte es leicht die
Renten bezahlen können. Aber das wollte der Reichstag auf
keinen Fall, und so muß denn jetzt jeder Arbeiter und jedes
Dienstmädchen und jeder, bei dem Arbeiter oder Dienstmädchen
in Stellung sind, für jede Woche Beiträge zahlen und alle
Arbeiter anmelden und abmelden; genug, es gibt so viele Schere-
reien, daß alle Menschen auf das Gesetz schelten, außer denen,