Full text: Fürst Bismarcks Lebenswerk.

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Darum sagte Fürst Bismarck: „So geht die Sache nicht 
weiter; daß jeder kranke, invalide und alte Arbeiter mit Weib 
und Kindern hungern muß, das darf nicht sein.“ Er bat den 
Kaiser, daß er Gesetze vorlegen dürfte, die da helfen sollten, 
und Kaiser Wilhelm war damit einverstanden, obwohl solche 
Gesetze ganz etwas neues waren und viele Leute sagten, über 
solche Sachen dürfte man gar keine Gesetze machen, Arbeit 
oder Hunger müßte jeder nehmen, wie es ihn grade träfe. 
Kaiser Wilhelm aber richtete am 17. November 1881 eine 
Botschaft an den Reichstag, in der er ankündigte, daß solche 
Gesetze vorgelegt werden sollten. Und das ist denn auch ge- 
schehen; jetzt bekommt jeder Arbeiter, der krank wird, Kranken- 
geld, und den Arzt und die Arznei braucht er auch nicht 
selber zu bezahlen; und wenn er zu alt oder zu schwächlich 
wird zum Arbeiten, dann bekommt er eine Rente, d. h. es 
wird ihm jeden Monat eine kleine Summe Geldes ausgezahlt, 
damit er nicht ganz zu hungern braucht. 
Diese Gesetze aber beim Reichstag durchzusetzen hat dem 
Fürsten Bismarck Mühe genug gekostet, fast ebensoviel wie 
früher die Heeresreform; und schließlich sind die Gesetze doch 
ein bißchen schlechter ausgefallen, als er sie haben wollte. 
Fürst Bismarck wollte, daß einfach das Reich die Renten be- 
zahlen sollte; das Reich sollte es ebenso machen wie Österreich 
und Frankreich und das Tabaksmonopol einführen, d. h. ein 
Gesetz geben, daß in Deutschland aller Tabak nur vom Reiche 
verkauft werden dürfte. Dann bekäme nämlich das Reich alles, 
was am Tabak verdient wird, und davon hätte es leicht die 
Renten bezahlen können. Aber das wollte der Reichstag auf 
keinen Fall, und so muß denn jetzt jeder Arbeiter und jedes 
Dienstmädchen und jeder, bei dem Arbeiter oder Dienstmädchen 
in Stellung sind, für jede Woche Beiträge zahlen und alle 
Arbeiter anmelden und abmelden; genug, es gibt so viele Schere- 
reien, daß alle Menschen auf das Gesetz schelten, außer denen,
	        
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