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reichsten und klügsten Mannes; darum ist meine Stimme etwas
sehr, sehr wertvolles, und ich muß mich sehr bedenken, wem
ich sie gebe.“
Daß es aber so eingerichtet ist, das ist fast ganz allein
Verdienst des Fürsten Bismarck. Für das Abgeordnetenhaus
werden die Abgeordneten so gewählt, daß jeder als Mensch
fast gar nichts gilt, sondern jeder so viel Stimmrecht hat, wie
er Geld hat. Als aber ein deutscher Reichstag eingerichtet
wurde, da hat es Fürst Bismarck durchgesetzt, daß jeder gleiches
Wahlrecht bekam, und deswegen war er selber der erste, den
die Arbeiter wählten. Das haben sie jetzt vergessen; und jetzt
glauben sie den Sozialdemokraten, daß Bismarck der größte
Feind der Arbeiter gewesen sei, weil er die Sozialdemokraten,
die den Kaiser und die Fürsten und das Heer abschaffen
wollen, seine eiserne Faust hat fühlen lassen. In Wirklichkeit
hat Fürst Bismarck durch das Reichstagswahlrecht und durch
die sozialen Gesetze viel mehr für die Arbeiter getan, als alle
Sozialdemokraten zusammengenommen. Sein Fehler ist nur
der, daß er die Sozialdemokraten nicht regieren lassen wollte.
Aber das ist kein Fehler, denn die Leute können das wirklich
nicht; sie wissen selber nicht einmal recht, was sie wollen.
Sie sind sich nur darüber einig, daß es anders werden soll,
als es ist; aber sobald man sie fragt, wie es werden soll,
dann geraten sie sich unter einander in die Haare.
Bismarchs letzte Kanzlerzeit.
Noch siebzehn Jahre regierte Kaiser Wilhelm I. nach
dem großen französischen Kriege. Während dieser ganzen Zeit
war Fürst Bismarck sein treuer Diener und Ratgeber. Wohl
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