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Herr! in das Himmelreich kommen, wenn sie auch nicht thun den
Willen meines Vaters im Himmel.
Zu beklagen ist es, daß der mit der Reformation getriebene
Mißbrauch — die Bilderstürmerei, der Bauernaufruhr ꝛc. Herzog
Georg in seiner irrigen Ansicht bestärken mußte. „Solche Unord—
nungen und solches Unheil“, meinte er, „entsteht aus Luthers Re—
formation.“ Daß dieselbe gemißbraucht worden ist, müssen wir leider
zugeben. Aber der sonst so kluge Herzog Georg hätte nicht vergessen
sollen, daß zu allen Zeiten einzelne Menschen mit dem Besten in der
Welt Mißbrauch getrieben haben.
c) Maßregeln, durch welche die Einführung der Reformation verhindert
werden sollte. Georgs Tod (1539).
Aus tiefster Ueberzeugung seines Herzens erachtete es Herzog
Georg für heilige Pflicht, den katholischen Glauben zu schützen und
die Reformation von den Grenzen seines Landes fern zu halten. Um
dies zu erreichen, nahm er zu den härtesten Maßregeln seine Zu—
flucht. Wer Luthers Schriften las oder verbreitete, und wer sich
sonst der „neuen Lehre“ günstig zeigte, wurde des Landes verwiesen.
Noch mehr: Buchhändler Herrgott in Leipzig, sowie der Bürger
Kellner in Mittweida wurden sogar enthauptet; jener deshalb, weil
er Luthers Schriften verkauft, und dieser, weil er eine Nonne aus
dem Kloster entführt hatte. In Dresden mußte Jobst Weißbrodt
seine Schrift, die er für die Reformation geschrieben, selbst essen;
eine Strafe, die in jener Zeit bei anderen Gelegenheiten zuweilen
vorkam. In Königstein wurde einem Bürger, der sich für die Re-
formation ausgesprochen hatte, die Zunge angenagelt. Andere wurden
mit Staupenschlag bestraft, namentlich aber hatte Leipzig schwer zu
leiden, denn von hier wurden nach und nach 800 Personen ihres
Glaubens wegen vertrieben. Luthers Schriften wurden auf Georgs
Befehl verbrannt, und wer ein neues Testament in deutscher Sprache
besaß, sollte es an das nächste Amt abliefern, wo er die Kaufsumme
zurückerhalten würde.
Auf einige Zeit vermochten diese Maßregeln zwar den gesegneten
Fortgang der Reformation zu hemmen, aber sie waren nicht im
Stande, die allgemeine Sehnsucht nach derselben auszurotten. Zur
tiefsten Betrübniß seines Herzens mußte sich auch der Herzog fast
täglich von dieser Wahrheit überzeugen. Mönche und Nonnen ver-
ließen heimlich die Klöster, und das Kloster auf dem Königstein löste
sich sogar ganz auf. Die Bewohner der Grenzen besuchten die evan-
gelischen Kirchen in den benachbarten Ortschaften und vernachlässigten
den katholischen Gottesdienst. Die früher so reichen Geschenke an
Klöster, Kirchen und an die Geistlichkeit hörten auf und man gab