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Im Monat Juli desselben Jahres erschien in Dresden hoher
Besuch aus Wittenberg; es war der Kurfürst von Sachsen. Auch
hier wollte er ein Zeuge des Sieges sein, welchen die Reformation
nach schwerem Kampfe errungen hatte. Am 6. Juli bewegte sich ein
langer, feierlicher Zug in die Kreuzkirche. Zum ersten Male wurde
hier am genannten Tage der Gottesdienst in deutscher Sprache ge-
halten und das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt ausgetheilt.
Das waren Tage seliger Freude für Dresdens Bewohner. Nach
und nach erfreuten sich die Bewohner des ganzen Landes der Seg-
nungen der Reformation. Die Predigt des reinen und lauteren
Wortes Gottes ging, wie einst bei dem ersten Pfingstfeste, den Zu-
hörern durchs Herz, „.und es wurden täglich mehr hinzugethan, die
da glaubten an den Herrn, und es wurden auch viele Priester dem
Glauben gehorsam.“
Im August 1541 entschloß sich Herzog Heinrich „wegen hohen
Alters und schwacher Leibesbeschaffenheit“ die Regierung nieder-
zulegen und sie seinem Sohne, dem Herzoge Moritz, zu übertragen.
Der lebensmüde Greis wollte den Rest seiner Tage in stiller Zurück-
gezogenheit genießen. Er ahnte wohl nicht, daß ihn sein Gott noch
in demselben Monate zur ewigen seligen Ruhe abrufen würde. Herzog
Heinrich starb elf Tage nach Niederlegung der Regierung. Bei
Lebzeiten hatte er oft den Wunsch ausgesprochen, daß er bei seinen
Freibergern, die es mit ihm so treu und redlich gemeint, „ruhen und
schlafen wolle“, und so war er der Erste aus unserm Fürstenhause,
der seine Ruhestätte im Dome zu Freiberg fand.
37. Moritz, hersog von 1541—1547, Kurfürst von 1547—1553.
a) Teine Jugendzeit. Sein Zug gegen die Türken.
Den 21. März, und zwar zu Frühlingsanfang, 1521 erblickte
Moritz in Freiberg das Licht der Welt. Der hoffnungsvolle jugend-
liche Prinz besuchte das Gymnasium seiner Geburtsstadt. Schon als
zwölfjähriger Knabe verließ er das väterliche Haus und hielt sich
anfangs bei dem Kurfürsten von Mainz und dann bei seinem Onkel,
dem Herzoge Georg, in Dresden auf. Dieser gewann seinen Neffen
seiner großen Klugheit wegen ungemein lieb, und er nahm sich des-
halb seiner Erziehung sorgfältig an.
Im 17. Lebensjahre verließ Moritz Dresden und begab sich an
den Hof seines Vetters, des Kurfürsten Johann Friedrich (des Groß-
müthigen) von Sachsen. Auch dessen Liebe erwarb sich der junge
Prinz in so hohem Grade, daß er ihn wie sein eigenes Kind hielt.
An des Kurfürsten Hof fand Moritz Gelegenheit, Luther genau
kennen zu lernen und sein jugendliches Gemüth schon frühzeitig für