Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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gestalten, welchem Elende selbst die Preußen ihr Mitleid nicht ver— 
sagten und den Hungrigen Brot zur Stärkung reichten. 
Nachdem die gefangenen Offiziere ihr Ehrenwort gegeben, die 
Waffen nie gegen Preußen führen zu wollen, wurden sie entlassen. 
Die Unteroffiziere und Gemeinen zwang man, dem Könige von Preußen 
den Eid der Treue zu schwören. Mit innerem Widerstreben ver— 
tauschten sie ihre Waffenröcke mit preußischen Monturen, und mit 
blutendem Herzen folgten sie Preußens Fahnen und Standarten. 
Der sonst so kluge Friedrich hatte sich diesmal gewaltig verrechnet. 
Bei der ersten besten Gelegenheit liefen die Sachsen scharenweise davon 
und eilten entweder nach Polen, wohin sich auch der Kurfürst mit 
Brühl gewendet hatte, oder versammelten sich unter den Fahnen des 
Prinzen Xaver, eines Bruders des Kurprinzen. 
b) Bündnisse gegen Friedrich II. — Harte Maßregeln gegen Sachsen. — 
Schlacht bei Prag, den 6. Mai 1757, und bei Kolin, den 18. Tuni 1757. — 
Bittau am 23. Zuli 1757.— Schlacht bei Roßbach, den 5. November 1757. — 
Schlacht bei Leuthen, den 5. Dezember 1757. 
Friedrichs unerhörtes Verfahren mit Sachsen rief fast ganz 
Europa unter die Waffen. Vor aller Welt erklärte ihn der deutsche 
Reichstag als einen Landfriedensbrecher, und fast einstimmig beschloß 
man, ihn als solchen zu strafen. Frankreich, Rußland, Schweden 
schlossen ebenfalls ein Bündniß gegen diesen Landfriedensbrecher, 
und nun erst, nicht vor 1756, war es auf Friedrichs Vernichtung 
abgesehen. Für jetzt meldete sich ein Feind, der den Waffen Ruhe gebot, 
und dies war der Winter. Während dieser Zeit sollten die Preußen 
nach den bestandenen Strapazen namentlich in Sachsen der Ruhe 
pflegen und sich zu neuen Kämpfen vorbereiten. Der König selbst 
schlug sein Hoflager im Brühlschen Palais zu Dresden auf. Seine 
Maßregeln gegen Sachsen waren die härtesten, die man sich denken 
kann. Zur Erhaltung der sämmtlichen Truppen (die in Schlesien 
mit gerechnet) waren monatlich fast drei Millionen Mark erforderlich, 
von welcher Summe Sachsen das Meiste aufzubringen hatte. Um 
sein Heer immer mit sächsischem Gelde besolden zu können, zog Friedrich 
die Gehalte der sächsischen Beamten ein, oder setzte sie auf ein sehr 
geringes Maß herab. Der Kurfürstin überließ er mit ihren Hofleuten 
nur den Rest einer Kasse von 23 400 M., und als sich der Kur- 
prinz darüber beschwerte, wies er ihn kalt zurück. Zwar nahm sich 
die Kaiserin Elisabeth von Rußland der hartbedrängten Kurfürstin an 
und übersendete ihr ein Geschenk von 100 000 Silberrubel, allein 
da die Landesmutter von allen Seiten mit Bitten bestürmt wurde, war 
diese Hilfsquelle sehr bald wieder erschöpft. Um das Maß des Elends 
vollzumachen, trat der Winter des neuen Jahres (1757) mit furcht- 
barer Strenge auf. Abgemagerte Menschengestalten wankten scharen-
	        
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